Wir schreien gegen eine Wand

Offener Brief an unseren Bildungsminister

Sehr geehrter Herr Bundesminister Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Polaschek!

Der aktuelle und auch für die nahe Zukunft prognostizierte Lehrer:innenmangel führt zu erschwerten Arbeitsbedingungen für Lehrer:innen, gefährdet die Schulqualität und damit die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen!
Warum gibt es diesen Lehrer:innenmangel? Er ist nicht nur demografisch bedingt!
Unzumutbare Arbeitsbedingungen und eine stark verbesserungswürdige Ausbildung von Lehrer:innen sind Gründe für diese besorgniserregende Entwicklung. Nur dann, wenn Sie für Veränderungen in den genannten Bereichen sorgen, kann der Beruf „Lehrer:in“ wieder attraktiv werden, dem Lehrer:innenmangel entgegengewirkt und ein Kollaps des Schulsystems verhindert werden! Dabei ist darauf zu achten, dass eine qualitätsvolle und gleichwertige Ausbildung der Lehrer:innen aller Schultypen garantiert ist, es attraktive Arbeitszeitmodelle und kompetitive Einstiegsgehälter gibt. Der Lehrer:innenmangel in den MINT-Fächern hat auch damit zu tun.

1. Änderung der Ausbildung

+ mehr Praxis und zwar schon zu Beginn der Ausbildung; Blockpraktika
+ berufsbegleitendes Studieren ist so zu ermöglichen, dass es auch bei PH-fernem Wohnsitz und mit Familie gesund zu schaffen ist; Rechtsanspruch auf Teilzeit und Bildungskarenz
+ Inklusionsmodule bereits im Studienabschnitt (Bachelor)
+ Deutliche Verbesserung der Ausbildung: Auswahlmöglichkeiten bei verpflichtenden Lehrveranstaltungen den individuellen Bedürfnissen der Junglehrer:innen entsprechend; auch in der Induktionsphase;
+ Entrümpelung der Lehrpläne;
+ für qualitätsvolle Ausbildung sorgen: evaluieren und reagieren!
+ Optimierung der Induktionsphase: Gutes Mentoring erfordert Zeit und angemessene monetäre Abgeltung für Mentor:innen! Fachspezifische Zuteilung der Mentor:innen.

2. Quereinsteiger:innen

+ angemessene Anerkennung von fachspezifischen Vordienstzeiten; auch rückwirkend für ältere Verträge
+ Nostrifizierungsbedingungen erleichtern; unbürokratische Anerkennung von gleichwertigen pädagogischen internationalen Ausbildungen
+ Transparenz der Anforderungen zur Erlangung eines abschlagsfreien Vertrages
+ Bezahlte Ausbildung für Lehrer:innen (Analogie zu Polizei, Pflegepersonal); Beginn des ordentlichen Dienstverhältnisses bereits mit Beginn der Einführungslehrveranstaltungen für Neulehrer:innen.

3. Entlastung und Wertschätzung der Lehrer:innen

+ Deutliche Verbesserung der Fortbildung: für qualitätsvolle, planbare Fortbildung sorgen; evaluieren und reagieren!
+ Bereitstellung von ausreichendem Supportpersonal (Beratungslehrer:innen, Psychagog:innen, Schulsozialarbeiter:innen, …)
+ Ausstattung mit zeitgemäßen Arbeitsmitteln & -plätzen (dzt. steht durchschnittlich 1 Laptop für 10 Lehrer:innen zur Verfügung!)
+ Reduktion und/oder Auslagerung der überbordenden administrativen Tätigkeiten
+ Abschlagstunde für Klassenvorstandstätigkeiten, Kustodiate, Freizeitleiter:innen, oder zumindest angemessene monetäre Abgeltung, was ebenso für Prüfungstätigkeiten u.a. Nebenleistungen erforderlich ist
+ Abgeltung von Supplierstunden ab der 1. Einheit
+ Altersteilzeit für Vertragsbedienstete
+ Verringerung der Klassenschülerhöchstzahlen
+ Rechtzeitige Information über geplante Vorhaben von Seiten des Ministeriums

Gerne stehen wir, Lehrer:innen aller Schultypen österreichweit, für weiteren inhaltlichen Austausch zur Verfügung.
Hochachtungsvoll im Namen der Kolleg*innen:
die Vorsitzenden der Österreichischen Lehrer*innen-Initiative (ÖLI-UG):
Claudia Astner, astner@oeli-ug.at, 0650 2468105; Hannes Grünbichler, gruenbichler@oeli-ug.at, 0650 9254988