Keine Maske in der Klasse! Soll ich mich jetzt freuen oder beunruhigt sein? Ist das eine Befreiung von unbequemer Pflicht oder Ausdruck leichtsinniger Unterschätzung der Corona-Gefahr,
wie sie uns schon drei Mal einen Lockdown beschert hat?
Bildungsminister Faßmann hat mit 15. Juni die Pflicht aufgehoben, am Sitzplatz in der Klasse eine Maske zu tragen. Elternvertreter*innen und der AHS-Gewerkschafter Weiß stimmen zu. Denn
einserseits sinken die Inzidenz-Werte und zweitens verzichtet die Gastronomie ja auch darauf. Ersteres kann ich als Argument ja anerkennen, weil es ein relativ sachlicher, mit der Pandemie in
Zusammenhang stehender Grund ist. Aber, die Sitzbelegung in der Klasse mit einer Tischgesellschaft im Restaurant zu vergleichen ist absurd. Niemand, den ich kenne, sitzt sechs oder mehr Stunden
am Stück mit anderen im Gasthaus und das Werktag für Werktag.
Ok! Abgesehen von schwachlogischen Vergleichen und abgesehen davon, dass ich das Maskentragen im Sommer in der Klasse auch als schweißtreibend unangenehm empfinde und nachempfinden kann, bleiben
da einige Tatsachen, weshalb man die Aufhebung der Maskenpflicht zumindest nicht so locker nehmen sollte.
Mutante Delta trifft Wunschdenken vom Ende einer Pandemie
Da ist zuerst das Auftreten der aggressiveren Delta-Mutante in Wien und dass in England mit dem Aufheben der Maskenpflicht in den Schulen die Ansteckungsraten rapid ansteigen. Hier kletterten die
Inzidenzen innerhalb einer Woche auf über 50. Delta wird noch stärker als die anderen Varianten über die Luft übertragen. Keine Maske, keine Luftfilterung!
Zweitens scheint sich mit der Besserung der Lage und dem Impffortschritt in den Industrieländern die Illusion breit zu machen, dass die Pandemie überwunden sei. Ein Wunschtraum angesichts der
vielen Ungeimpften in Ländern, die sich die Beschaffung des Impfstoffes nicht leisten konnten. Die Bereitschaft der G7-Länder um die ein bis zwei Milliarden Impfdosen in diese Staaten zu
verschenken, kommt schließlich nicht von ungefähr. Laut WHO reichen die Mengen bei Weitem nicht aus. Die Vernetzung der Wirtschaft und die Reiselust wird für die Verbreitung heutiger und
künftiger Varianten sorgen.
Drittens, wurden die Schulen bis heute kaum auf die Abwehr des Corona-Virus und anderer bekannter und noch nicht bekannter Krankheitserreger vorbereitet. Eine Kampagne für die Ausrüstung mit
Luftreinigungsanlagen und -geräten mit virentötendem UV-Licht lehnte Faßmann stets ab. Gesundheitsminister Mückstein befürwortet die Luftreinigung.
Schule und Untericht muss sich mit der Situation ändern, das Virus macht’s auch!
Und gäbe es nicht andere Maßnahmen, die Unterricht sinnvoll sicherer machen könnten? Ein Stundenplanmanagement mit größeren Pausen, die Unterstützung von Unterricht im Freien, die individuelle
Freistellung vom Unterricht für alle Jugendlichen, deren Noten schon feststehen? Gibt es zu wenig Willen und Kapazitäten im Ministerium, Schule und Bildung anders, wirklich neu zu denken? Schulen
so umzurüsten, dass sie krisen- und pandemiefest werden?
Stattdessen wird herumprobiert, ob das, was drei Mal nicht funktioniert hat, beim vierten Mal funktioniert – die Tatsache der Pandemie zu ignorieren und Corona mit dem Zurückfahren von
Schutzmaßnahmen zu bekämpfen. Da gab es doch einmal eine großartige Definition von Wahnsinn, immer das gleich Erfolglose zu tun und zu erwarten, dass sich am Resultat was ändert!
PSt
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