Ein Kommentar von Hannes Grünbichler

Österreich wird als offene Volkswirtschaft Zukunftsinvestitionen in Bildung, Forschung und in grüne Infrastruktur (öffentlicher Verkehr, Erneuerbare Energien) im großen Stil tätigen müssen. Warum? Da wir de facto über zu wenige natürliche Ressourcen verfügen, können wir einerseits nur über „Bildung“ im internationalen Wettbewerb bestehen und anderseits entwickelt sich der (für unseren modernen Wohlfahrtsstaat wichtige) energieintensive Industriesektor im internationalen Vergleich viel schlechter [1]. Soll Österreichs Wirtschaft prosperieren, kostet es der Öffentlichkeit Geld.

Die EU-Kommission will aber über die kommenden Jahre deutliche Einsparungen von der künftigen Regierung sehen. Demnach ist zwischen 2025 und 2028 jährlich ein Betrag von etwa 2,6 Milliarden Euro einzusparen, macht in Summe 11,6 Milliarden. Es soll das eingespart werden, was das jährliche Bildungsbudget in etwa ausmacht [2]. Sparpakete bremsen die Neuverschuldung, stehen aber auch für Zukunftsvergessenheit, weil wichtige anstehende Zukunftsinvestitionen ausbleiben [3].

Sparsamkeit des Staates ja, aber Sparen des Staates nein.

Die Debatte über einen möglichen Sparkurs wurde durch den Fiskalrat eröffnet, als er vor einer ungünstigen Entwicklung von Österreichs Neuverschuldung warnte. Nun verlangt die EU-Kommission bis Herbst einen Plan von der künftigen Regierung und im Bundeskanzleramt wird bereits über einen „Wachstumsplan“, der unter anderem Bürokratieabbau, Steuersenkungen sowie Senkungen der Lohnnebenkosten beinhalte, fabuliert. Über einige Punkte wird man öffentlich diskutieren müssen, so z.B. über Erbschaftsteuern (das jährliche Erbvolumen erhöht sich von aktuell mehr als 20 Milliarden € bis 2050 auf mehr als 40 Milliarden € [4]), über eine Reform der Kapitalertragssteuer, der Grundsteuer und darüber wie die Lohnstückkosten reduziert werden können, denn an diesen wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Österreich gemessen. Jedenfalls zeichnet sich eine Erholung bereits ab.

Es geht um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit.

Ganz egal wer in die Regierung kommt, die Lohnnebenkosten werden zur Disposition stehen, das zeichnet sich ab. Als Gewerkschafter dürfen uns dieser Diskussion nicht verschließen. Ja, es soll diskutiert werden, aber richtig: Diskutieren wir Arbeitskosten und faire Löhne.

Eröffnen wir die Diskussion über die Lohnnebenkosten, hier vor allem über den Wohnbau­förderungsbeitrag und die Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds, dem so genanneten FLAF. Mit diesen Beiträgen werden Leistungen finanziert, die de facto mit dem Arbeitsmarkt wenig zu tun haben. Die Arbeitskosten könnten so sinken.
Werden aber diese Beiträge der Lohnnebenkosten gekürzt, müssen die doch sinnvollen Familienleistungen aus dem FLAF und die Wohnbauförderung über den allgemeinen Steuertopf finanziert werden. Es bräuchte eine Gegenfinanzierung, das ginge über vermögensbezogene Steuern, wie die bereits erwähnte Erbschaftsteuer, Reform der Kapitalertragssteuer, der Grundsteuer, und höhere Umweltsteuern nach dem Prinzip „tax what you burn, not what you earn“.


Das wäre sinnvoll: Entlastung des Faktors Arbeit durch einen höheren Beitrag des Vermögens und Umweltsteuern. Mit den Einnahmen erzielte man positive Umwelt- und Beschäftigungseffekte und das entspräche den Empfehlungen des IWF und der österreichischen Nationalbank.

Nur mit Gegenfinanzierung kann man über eine Senkung der Lohnnebenkosten sprechen.

Um Österreich zukunftsfit zu machen, braucht es Reformwillen, Sparsamkeit (aber kein Sparen), neue Einnahmen und das Bewusstsein, dass es keine Studien gibt, die belegen, dass Staaten mit 60 % Schulden erfolgreicher sind als Staaten mit höheren Schuldenquoten. Eher im Gegenteil: Die USA verzeichnen schon länger ein höheres Wirtschaftswachstum als Europa, weil sie ganz einfach mehr staatlich investieren. Es sind Zukunftsinvestitionen in grüne Infrastruktur, in Bildung und Forschung bei „Good Governance“, die langfristig den Erfolg der Nationen sichern.

Als Unabhängige Gewerkschaftsfraktion im Öffentlichen Dienst und im ÖGB, kurz UGÖD, müssen wir volkswirtschaftlichen Sachverstand einfordern! Denn mit „Hausverstand“ werden einfache Antworten vorgegaukelt. Statt ehrliche Wege in die Zukunft aufzuzeigen, werden häufig wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert.

Referenzen
[1] M. Muckenhuber, Industrieproduktion – Energieintensive Branchen entwickelten sich schlechter: ÖGB Analyse 2024.
[2] A. Szigetvari, Der Standard 2024, https://www.derstandard.at/story/3000000225851/sparpaket-von-fast-zwoelf-milliarden-euro-was-auf-die-neue-regierung-beim-budget-zukommt.
[3] H. Schuberth 2024, https://www.ineteconomics.org/perspectives/blog/fiscal-reform-in-the-eu-a-dangerous-new-framework.
[4] K. Grünberger, J. Derndorfer, M. Schnetzer, WUG 2024, 50, 21.