Vor über 40 Jahren fanden sich die Pionier:innen der späteren ÖLI-UG, um etwas bisher Unvorstellbares zu wagen. Eine parteiunabhängige Interessensvertretung mit zukunftsorientierten Ideen. Damals wie heute ambitioniert, aber unverzichtbar für Österreichs Bildungslandschaft.

 

Während Mitte der 1970er Jahre Curd Jürgens trotzig und bildungskritisch sein „60 Jahre und kein bisschen weise – aus gehabtem Schaden nichts gelernt“ schmetterte, beschlossen umtriebige Pädagog:innen aus ganz Österreich aus dem „gehabten Schaden“ eines veralteten Bildungssystems sehr wohl zu lernen. „Weiser“ zu werden, indem sie Probleme benannten, Lösungen diskutierten und sich schließlich als parteipolitisch unabhängige Gruppe organisierten, um 1983 erstmals bei den PV- und Gewerkschaftswahlen auf Bundesebene gegen eine konservative ÖVP-Übermacht anzutreten.
Leise durfte man dabei nicht sein, damals wie heute ist es nicht so einfach, sich Gehör zu verschaffen, ohne einer Parteimaschinerie im Hintergrund. Mit Bewunderung muss man auf das zähe Ringen um Anerkennung der Unabhängigen innerhalb der Gewerkschaft zurückblicken, womit das vorherrschende Proporzsystem aufgebrochen wurde – auch ein Verdienst der ÖLI-Mandatar:innen.

Notwendiger denn je

Laut und deutlich äußert sich die ÖLI-UG in diversen Medien, der „Kreidekreis“ fungiert als Sprachrohr und bringt Ideenvielfalt in die Konferenzzimmer. Und beim Einsatz digitaler Kommunikation waren die ÖLIs wieder einmal Pionier:innen: Beratung und Hilfestellung zu verschiedenen Themen wird über alle Schultypen hinweg für alle Lehrpersonen digital angeboten. Als die ÖLI vor Jahren damit begann, war es ein Novum, dass von den Kolleg:innen begeistert angenommen wird. Dauerhaft, verlässlich und nicht nur kurz vor der Wahl. Auch in den Gremien von PV und Gewerkschaft sind längst Mandatar:innen der ÖLI-UG vertreten, die sich im Sinne ihrer Kolleg:innen einbringen und neue Themen setzen. Zweifellos ist es in mehr als 40 Jahren gelungen, einer parteiunabhängigen, zukunftsorientierten Interessensvertretung Gehör zu verschaffen.
Allerdings verhallen auch heute noch Rufe nach einem modernen Bildungssystem, das sich nicht an Parteiinteressen orientiert, sondern an den Bedürfnissen von Lehrpersonen und Schüler:innen, nahezu ungehört.
Noch immer enden Diskussionen über Bildungsthemen an verhärteten Parteigrenzen und dienen vor allem dazu, politischen Akteur:innen Aufmerksamkeit und Wählerstimmen zu generieren. Bildungspolitik ist in Österreich ein ideologisches Schlachtfeld ohne Gewinner, die Verlierer sind Lehrpersonen und Schüler:innen. Dieser Missstand ist das beste Argument für eine parteiunabhängige Interessensvertretung.
Wer am Gängelband einer Partei hängt, verliert an Handlungsspielraum. Passt die Forderung ins Parteiprogramm? Darf man dieses und jenes Thema ansprechen? Es muss taktisch überlegt werden: Welches Scheingefecht ist nützlich? Ab wann wird man zurückgepfiffen? Das Ergebnis ist ein Herumlavieren und Herumdrucksen, um ja niemanden zu verärgern oder nicht in Ungnade zu fallen. Zufall, dass konservative ÖVP-nahe Funktionär:innen seit kurzem auf „Erziehungsmaßnahmen“ pochen

und damit dem ÖVP-BM den Ball zuspielen, um ÖVP-Forderungen (härtere Strafen für Jugendliche usw.) zu artikulieren?

Noch immer enden Diskussionen über Bildungsthemen an verhärteten Parteigrenzen.

Auf der Strecke bleibt dabei die Sache: modernere, dem 21.Jahrhundert entsprechende Gesetzesregelungen im Schulbereich, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sachliche Diskussionen über komplexe Themen statt Retro-Rhetorik, die zum Stillstand führt, sind gefragt.


Als parteiunabhängige Interessensvertretung will die ÖLI-UG mit allen reden, Vorschläge diskutieren, Wissenschaft vor Parteipolitik stellen. Den Kolleg:innen verpflichtet sein, nicht einer Partei.
Noch einmal soll Curd Jürgens zu Wort kommen, der unbelehrbar „auf dem Weg zum Greise“ ist. So darf es unserem Bildungssystem und damit Lehrer:innen und Schüler:innen nicht gehen – dafür tritt die ÖLI-UG bei den PV und Gewerkschaftswahlen im Herbst 2024 an und ist immer noch kein bisschen leise!

Text: Astrid Schuchtner, ÖLI-UG-Tirol