Ich habe gestern das erste Mal seit ich Lehrer bin, eine E-Mail an die Gewerkschaft geschrieben. Nicht, weil ich ihre Expertise und Arbeit nicht schätze, sondern weil sie PR-mäßig sehr
viel Aufholbedarf hat und NICHT im Sinne der Mehrheit der Lehrer*innen agiert hat.

 

Lieber Kollege, liebe Kollegin von der Gewerkschaftsspitze!

 

Ich möchte betonen, dass die Vorgangsweisen unserer Gewerkschaftsvertreter*innen in den letzten Wochen nicht in meinem Sinn als Gewerkschaftsmitglied waren. Meldungen wie jene von Kollegen
Kimberger stellen Lehrer*innen nur in das falsche Licht. Direkte Kritik an den mehrfach rechtlich falsch getätigten Aussagen von BM Faßmann wird hingegen nicht öffentlich ausgesprochen,
TV-Auftritte, in denen unser BM öffentlich verwundert ist, warum alle Lehrer*innen ihrer Dienstpflicht nicht nachkämen und die VWA’s noch nicht beurteilt haben, werden nicht ausreichend
kommentiert.

 

Wenn die Gewerkschaft vorrangig auf die Arbeitszeiten der Lehrerschaft hinweist, ist das kontraproduktiv! Wenn die Gewerkschaft gemeinsam mit Herrn BM Faßmann einen Brief
verfasst, in diesem um „Unterricht“ an teilweise durch BD vorgegebenen unterrichtsfreien Tagen ersucht, obwohl es durch frei habende SchülerInnen nur um Betreuung gehen kann, ist das
kontraproduktiv! Wenn sie hier völlig auf ihre Funktion vergisst, für die Schulen eine rechtliche Sicherheit einzufordern, dann hat sie in diesem Punkt versagt. Wenn der BM sich weigert, einen
gesetzlichen Rahmen, also eine Aufhebung der Tage zu schaffen, warum betont dann die Gewerkschaft nicht, dass es hier nur um Betreuung gehen kann, warum gibt sich die Gewerkschaft dann damit
zufrieden?


Wenn die Gewerkschaft in Kauf nimmt, dass nun alle Direktionen und Administrator*innen dieses Landes viele zusätzliche Stunden Mehrarbeit haben werden, um einen extra Stundenplan
für diese Tage zu gewährleisten, die Anwesenheit von sehr vielen Lehrer*innen organisieren müssen, obwohl kaum Kinder vor Ort sein werden, statt wie zu Ostern Betreuung einzufordern, und zudem
noch allen Stellen dankt, ist das kontraproduktiv!

 

Wir Lehrer*innen werden also weiterhin freiwillig unsere vielen Extra-Aufgaben leisten, uns weiter ohne gewerkschaftliche Gegenwehr als arbeitsunwillige Personen hinstellen lassen und weiterhin
damit leben, dass die Gewerkschaft bei diesen Themen keine Lösungen in unserem Sinne findet. Weil wir unseren Job gern haben und unser oberstes Ziel ist, auf die Kinder zu
schauen
.

 

Vielleicht sollte man den Gewerkschaftsvertreter*innen auch einfach öfter sagen: Wir stehen hinter euch, wenn ihr auf die Barrikaden steigt, ihr könnt euch ruhig trauen! Aber nicht vorrangig
wegen Geld oder Arbeitszeiten, sondern zuallererst wegen unentwegt inakzeptablen Verschlechterungen vor Ort auf Kosten aller Schulpartner.

 

Mit freundlichen Grüßen
Georg Hanisch

 

Georg Hanisch ist Lehrer an einer Wiener AHS

 

Bildnachweis: Image by Gordon Johnson from pixabay.com. Bearbeitung PSt