von Wilfried Mayr
Von der Angst der Menschen lässt sich immer gut leben. Während tausende Einwanderer im Österreich der vergangenen Jahre kaum Ängste hervorriefen (Östliche Pfleger*innen und
deutsche Saisonkräfte im Gastgewerbe waren und sind erschwinglicher), schüren nun die Flüchtlinge aus Nahost zunehmend Ängste der hiesigen Bevölkerung, Ängste, die von den
Rechtspopulisten so schamlos wie erfolgreich ausgenützt werden. Dabei ist bei uns Einwanderung notwendig, um die zunehmende Überalterung der Bevölkerung und daraus resultierenden Fachkräftemangel
zu verhindern, bzw. die Pensionen zu sichern!
Als positives Beispiel möchte ich z.B. die hunderttausenden Flüchtlinge anführen, die vom 16. bis 18.
Jahrhundert aus Frankreich flüchten mussten, zwar Ängste bei den aufnehmenden Bevölkerungen auslösten und dennoch starken positiven Einfluss auf deren Wirtschaft und Kultur hatten, die
soge- nannten Hugenotten. Die Familie der de Maizières spielen zum Beispiel in West und Ost von Deutschland in Politik und Kultur eine wichtige Rolle.
Ab 1530 wurde in Frankreich die Glaubensausübung der Protestanten durch den katholischen Klerus und den König stark
unterdrückt, weil man Spaltungen wie in den deutschen Landen vermeiden wollte. Die vermeintliche Aussöhnung durch die Heirat des hugenottischen Adeligen Heinrich von Navarra (späterer
katholischer König Henri IV) mit der Schwester des Königs, Margot von Valois, wurde durch ein tagelanges Massaker in und nach der Bartholomäusnacht vom 23./24. August 1572 zunichte gemacht, bei
dem tausende Hugenotten sozusagen in Handarbeit ermordet wurden. Ihr Exodus aus Frankreich war eine Folge des Edikts von Fontainebleau (Ludwig XIV., 1685). Rund 250.000 flüchteten in die
protestantisch dominierten Gebiete in Europa und Übersee, wo sie nicht nur in Preußen einen starken wirtschaftlichen und kulturellen Schub ermöglichten. Schon damals begleitet von Misstrauen und
Neid der Einheimischen.
Auch aus „Glaubensgründen“ mussten tausende Protestant*innen aus Salzburg, Oberösterreich und der Steiermark weit weg
flüchten und sich dort mühsam ein neues Leben aufbauen. Wie würden wir heute über die dortige Bevölkerung denken, wenn sie ihnen den roten Hahn aufs Dach gesetzt hätten wie jetzt manche deutschen
„Rechten“ im Fall von Asylheimen?
Nach der Rückeroberung der iberischen Halbinsel durch christliche Herrscher*innen unterschieden sich diese
von den bisherigen, toleranten Maurenherrschern, indem sie die Juden aus dem Land vertrieben, die sich in der Folge vorwiegend im Reich des Sultans ansiedelten. Dieser hatte Weitblick, wenn er
hocherfreut spottete, „Was ist der König doch für ein Narr, dass er sich selbst ärmer macht, und mich reicher!“.
Zwei der prägendsten deutschsprachigen Regierungschefs, Willi Brandt und Bruno Kreisky, verdankten ihr Überleben während der
Nazizeit dem schwedischen Asyl. Vielen österreichischen Kindern wurde im Ausland, das selber nicht übermäßig viel zu beißen hatte, ein Überleben ermöglicht.
Heute fürchten viele Österreicher*innen um Arbeitsplatz und Besitz. Die aktuelle Regierung hat bedenklich viel Unfähigkeit und Hilflosigkeit demonstriert, Wasser auf den Mühlen der Hetzer. Eine
gleichmäßige Verteilung der durchwegs jungen Asylsuchenden ist notwendig, um per Integration Parallelgesellschaften zu verhindern. Arbeit gäbe es genug in jeder Gemeinde, leider
unbezahlte. Im Gegenzug für die Kosten der Versorgung könnten dies die Zuzügler vor Ort übernehmen. Nach dem 2. Weltkrieg verlangte man z.B. von Einwanderern in Kanada ein Jahr harter Arbeit,
bevor sie Staatsbürger*innen werden konnten, vorwiegend im Kraftwerks- und Straßenbau. Bei uns müssen sie tatenlos herumsitzen, was Spannungen schürt. Anders in Schweden: Dort dürfen sie sofort
arbeiten. Wichtig erscheint mir auch die Gewährleistung, dass nicht Private die Notlage der Asylsuchenden über Hungerlöhne ausnützen können.
Die deutlich mehr als 500 Millionen Europäer*innen könnten locker die Aufnahme von ein paar Millionen Flüchtlingen bewältigen, wenn diese gerecht verteilt werden, um ihre Fähigkeiten und
Arbeitskraft positiv einsetzen zu können. Genau das hat Merkel gemeint mit, „Wir schaffen das!“. Statt Angst und Gezänke sollten wir die guten Chancen für unsere Volkswirtschaften erkennen,
anstatt abgeschottet zu vergreisen!
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