Coverbild: https://www.piper.de/buecher/hilma-isbn-978-3-492-07139-0

352 Seiten, gebunden
Übersetzung: Karin Dufner
Piper 2023
Preis: € 25,50, E-Book: € 6,99
ISBN: 978-3-492-07139-0

Vor drei Jahren las ich im Standard den Artikel von Katharina Rustler über die Pionierin der abstrakten Malerei mit der Überschrift: „Weiblich, umstritten und genial: Hilma af Klint“. Die schwedische Künstlerin (1862-1944), die bereits 1906, lange vor Kandinsky, Mondrian oder Malewitsch, abstrakte Bilder malte und ignoriert wurde, wird nun wiederentdeckt. Die Ausstellung ihrer Werke 2018 im Guggenheim Museum in New York war die am besten besuchte seit Bestehen des Museums. Im selben Jahr erschien der Film Jenseits des Sichtbaren der Regisseurin Halina Dyrschka, in dem Leben und Werk von Hilma af Klint dokumentiert werden. (Trailer https://www.youtube.com/watch?v=5DwG0p0En_g) Mittlerweile liegen viele Werk-Kataloge der Künstlerin vor.
Rustler verweist auf die Kunsthistorikerin Julia Voss, deren Recherchearbeit es zu verdanken ist, dass falsche Behauptungen über die Künstlerin widerlegt sind und Hilma af Klint nun im Kunstkanon aufgenommen ist. Voss verfasst 2020 die 600-seitige Biografie Hilma af Klint – Die Menschheit in Erstaunen versetzen.
Kurzinfo von Voss auf https://www.youtube.com/watch?v=qPY6VQKs6YQ
Es war Klints Ziel, eingefahrene Denkmuster und Ordnungssysteme, wozu auch die Kategorien Geschlecht, Klasse, Materialismus, Kapitalismus und die Trennung von Kunst und Leben, aufzulösen bzw. sie ineinander übergehen zu lassen. Mit 70 Jahren, als der Künstlerin bewusst war, dass ihre Zeitgenoss:innen nicht die Bedeutung ihrer Kunst erkannten, beschloss sie, dass ihre Werke erst 20 Jahre nach ihrem Tod der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden sollen. Hilma af Klingt. Wer und wie war sie?
Nun liegt mit diesem Buch eine Romanbiografie vor. M.J. Rose schrieb bereits einundzwanzig Romane, mit denen sie internationale Erfolge hatte. Dieses Buch ist eine Teamarbeit mit Sofia Lundberg (Journalistin) und Alyson Richman (Kunsthistorikerin)
Der Roman beginnt mit einem Prolog, der im Oktober 1933 einsetzt. Das 1. Kapitel beschäftigt sich mit der Gegenwart. Mit dem 2. Kapitel geht es nach Stockholm im Jahr 1896. Die weiteren Jahre bis 1917 folgen, um mit dem Kapitel 20 wieder in der Gegenwart zu landen, der ein Epilog folgt. Eine gelungene Zeitstrukturschleife. Verwebte Fakten, Originalbriefe, fiktive Dialoge und vielschichtige Beschreibungen mit wechselnden Erzählebenen. Das Buch erzählt von insgesamt fünf mutigen Frauen und dem Kurator der Ausstellung in N.Y. Die Künstlerin Hilma af Klint und ihr Zirkel faszinieren und lassen auch heute noch staunen. Dieses Buch wird all jenen gefallen, die gerne Romanbiografien lesen. Ob es der Radikalität von Hilma af Klint gerecht wird, möge jede:r selbst entscheiden.
Niemand redet von Henry oder Pablo. Alle reden von Matisse und Picasso. Warum heißt das Buch Hilma und nicht Klint?

März 2023
Rezension von Ilse M. Seifried, MA
https://www.i-m-seifried.at