Hans-Henning Scharsach
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Faktensammlung zum Präsidentschaftskandidaten und Burschenschafter Norbert Hofer
Ein rechtsextremer, partiell neonazistisch, demokratie- und verfassungsfeindlich agierender Akademikerklüngel, aus dem die schlimmsten Nazi-Verbrecher und die
brutalsten politischen Gewaltverbrecher der Nachkriegszeit hervorgegangen sind, hat Österreichs nach allen Umfragen stimmenstärkste Partei zuerst unterwandert, dann dominiert und zuletzt in
Besitz genommen. Parteiführung, Parlament und sieben von neun Landesverbänden werden von Burschenschaftern dominiert. In den beiden verbliebenen Landesverbänden stehen Burschenschafter auf dem
Sprung an die Spitze.
Die unter dem Dachverbänden „Deutsche Burschenschaft“ und „Burschenschaftliche Gemeinschaft“ agierenden deutschnationalen, schlagenden Verbindungen werden in
großen Teilen der Medien und Öffentlichkeit falsch (oder gar nicht) wahrgenommen: als locker miteinander verbundene Gemeinschaft autonomer kleiner Vereine mit beschränktem politischen Einfluss.
In Wirklichkeit sind sie auf dem Sprung, mit einem Bevölkerungsanteil von etwa 0,04 Prozent die ganze Macht in Österreich zu übernehmen. Norbert Hofer könnte den Anfang machen und den Weg
bereiten für tiefgreifende Veränderungen, mit unabsehbaren Folgen für die Gesellschaftsordnung, das politische System und die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs und der Europäischen Union.
Daher diese Information über einen Mann, dessen stets lächelndes Auftreten über die von ihm vertretenen ideologischen Standpunkte hinwegtäuscht.
1. Bekenntnis zum „deutschen Vaterland“: Der Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer ist Mitglied der pennalen Burschenschaft
Marko Germania zu Pinkafeld. In ihrer Gründungsfestschrift lehnt die Marko-Germania, wie andere Burschenschaften auch, die österreichische Nation als
„geschichtswidrige Fiktion“ ab, die nach 1945 „in den Gehirnen der Österreicher festgepflanzt“ worden sei. Sie bekennt sich zum „deutschen Vaterland, unabhängig von bestehenden Grenzen“,
verpflichtet ihre Mitglieder, sich „für die freie Entfaltung des Deutschtums einzusetzen“ und dabei „alle Teile des deutschen Volkes zu berücksichtigen“. Ihr Bekenntnis zur „deutschen
Kulturgemeinschaft“ gipfelt in dem Postulat, jedes Volk habe ein „Anrecht auf sein Vaterland und seine Heimat.“ Als Bestimmungsmerkmal der Volkszugehörigkeit wird im namentlich nicht
gekennzeichneten Vorwort neben Sprache, Kultur, Geschichte und Brauchtum ausdrücklich das biologische Kriterium der „Abstammung“ genannt,
das Juden und „Andersrassige“ ausschließt und nichts anderes bedeutet, als eine Fortschreibung des Arier-Paragraphen unter Umgehung des historisch belasteten NS-Begriffs.
Die deutschnationale Standortbestimmung schließt nahtlos an Jörg Haiders Ausspruch von der „Missgeburt“ der österreichischen Nation an, mit dem dieser ein Zitat
von Adolf Hitler aus „Mein Kampf“ übernommen hatte.
Unter Korporierten hat dieser Ausspruch zahlreiche Nachahmer gefunden. Auch der Burschenschafter (Oberösterreicher Germanen in Wien) und ehemalige freiheitliche Spitzenkandidat Norbert
Gugerbauer hatte geglaubt, bei einer Wahlveranstaltung 1990 über die „Missgeburt“ öffentlich nachdenken zu müssen, die „von der Geschichte schon eingeholt“ sei.
In einem 2005 erschienenen Handbuch des Dachverbandes „Deutsche Burschenschaft“,
denen die österreichischen Burschenschaften angehören, liest man es ähnlich: Die Österreicher seien Deutsche, folglich sei Österreich ein „deutscher Staat“. Die europäischen Grenzen seien
„einseitige Verletzungen des Völkerrechts“ weil „keine freiwillige Abtretung der deutschen Ostgebiete“ stattgefunden habe.
Dass durch eine „Mensur“ verursachte „Schmisse“ Burschenschaftern als Beleg dafür gelten, notfalls ihr Blut „für das deutsche Vaterland“ zu geben, musste in der
Festschrift nicht erst erwähnt werden. Es ist fester Bestandteil ihres deutschnationalen Selbstverständnisses.
Um mit den Gesetzen nicht in Konflikt zu kommen, wird an wenig prominenter Stelle der Festschrift ein „Bekenntnis zur österreichischen Eigenstaatlichkeit“
eingebaut, eine Formulierung, die von rechtsextremen und neonazistischen Autoren häufig verwendet wird, um sich drohender Strafverfolgung zu entziehen.
Aus dem gleichen Grund hat Norbert Hofer bei seinem Eintritt in die Burschenschaft keinen Eid auf das deutsche Vaterland leisten müssen. Weil jede Werbung für
Großdeutschland nach dem NS-Verbotsgesetz unter Strafe steht, beschränkt sich die Gelöbnisformel auf die „Erhaltung des deutschen Volkstums“.
Gemeint ist das gleiche, wie sich durch zahlreiche Beispiele belegen lässt. Burschenschafter haben Landkarten verteilt, auf denen die „Ostmark“ als Teil
Großdeutschlands ausgewiesen wurde. Vor der deutschen
Wiedervereinigung forderten Burschenschafter die Einbeziehung Österreichs, danach beklagten sie sich darüber, dass diese ohne Österreich erfolgte. Der
Burschenschafter und FPÖ-Parlamentarier Werner Neubauer (Teutonia) begann seine Rede anlässlich einer Anti-Minarett Demonstration der rechtsextremen Gruppierung „Pro Nordrhein-Westfalen“ mit den
Worten: „Liebe deutsche Landsleute. Ich darf das sagen, weil ich Deutscher bin.“
Hofers Burschenschaft lässt auch deutliche Distanz zur Bundesverfassung erkennen. Diese beschreibt Österreich als „pluralistische Demokratie“. In ihrer
Festschrift aber warnt die Marko-Germania vor dem „gefährlichen Begriff“ des Pluralismus, dem sie sich als „wertkonservative Gemeinschaft“ entgegenstelle.
Auch die menschliche Gleichheit als Grundprinzip liberaler Demokratie wird von der Germania verneint. Im Gegensatz zur „sozialistischen Gleichmacherei“ müssten
Burschenschafter einem „elitären Rollenbild“ gerecht werden“, „weg von der Ideologie der Masse“.
2. Traditionen des Nationalsozialismus. In einem Erkenntnis hat der österreichische Verfassungsgerichtshof 1985 festgestellt: „Die
kompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus ist ein grundlegendes Merkmal der wiedererstandenen Republik.“ Österreichs deutschnationale schlagenden Verbindungen (die deutlich extremer
ausgerichtet sind als der Durchschnitt der deutschen Burschenschaften) scheinen sich daran nicht gebunden zu fühlen. Unzählige Beispiele belegen, dass sie sich aus den Traditionen des
Nationalsozialismus nie befreit haben.
– Burschenschafter fordern die Aufhebung des Verbots-Gesetzes, womit nationalsozialistische
Wiederbetätigung legitimiert würde.
– Burschenschaftliche Publikationen verharmlosen die Verbrechen der Nazis, verbreiten die
Auschwitz-Lüge, glorifizieren Nazi-Verbrecher.
– Burschenschafter nehmen an Neonazi-Veranstaltungen teil, treten für neonazistische
Organisationen als Redner auf, veranstalten neonazistische Sommerlager, die sich am Vorbild der NS-Sommerlager orientieren, bewerben
Vortragsveranstaltungen mit Nazi-Sujets,
– Burschenschafter beteiligen sich an Traditions-Veranstaltungen der Waffen-SS, die für
die schlimmsten Verbrechen der NS-Geschichte, die blutigsten Massaker an Zivilisten, die grauenvollsten Massenerschießungen von Kriegsgefangenen und nicht
zuletzt für die Bewachung der Konzentrations- und Vernichtungslager verantwortlich war.
– Burschenschafter bekleiden Spitzenfunktionen im neonazistischen WITIKO-Bund, in dessen
Publikation sich Textstellen wie diese finden: „Zu den gewaltigsten
Geschichtslügen der jüngsten Vergangenheit zählen die sechs Millionen ermordeten Juden“.
– Burschenschaften fördern rechtsextreme und rassistische Aktivitäten der Jugend auf
unterschiedlichste Art, z. B. indem sie deren rassistische Agitation durch ein Preisgeld belohnen. Sie betreiben neonazistische Indoktrination des
studentischen Nachwuchses durch „Bildungsveranstaltungen“, bei denen Europas Elite der braunen Brandredner auftritt, gewähren Neonazis aus der Gewaltszene Unterschlupf und juristischen Beistand,
– Die bekanntesten Neonazis Österreichs sind aus Burschenschaften hervorgegangen. Die
schlimmsten politisch motivierten Verbrechen und Gewalttaten der Nachkriegsgeschichte – von Tötungsdelikten über Brandanschläge und Straßenschlachten bis zur Schändung jüdischer Friedhöfe –
wurden von Burschenschaftern verübt.
Die von Wissenschaftlern vielfach vertretene Meinung, die ideologische Ausrichtung von Burschenschaften sei unterschiedlich radikal, schwanke zwischen
neonazistisch und nationalkonservativ, wird von Informanten aus dem Burschenschafter-Milieu relativiert. Diese sprechen von einer „weitgehenden ideologischen Homogenität“, die durch verbindliche
Statuten der Dachverbände vorgegeben ist und durch Konformitätsdruck aufrechterhalten wird.
Vermeintliche Unterschiede ergeben sich aus der öffentlichen Darstellung. Während große und zahlenmäßig starke Burschenschaften durch Publikationen, gedruckte
Einladungen und aufwändige Internet-Auftritte Einblicke in ihr ideologisches Innenleben geben, arbeiten kleine Burschenschaften nach Art politischer Stammtische weitgehend im Verborgenen.
Norbert Hofers Burschenschaft Marko
Germania zu Pinkafeld zählt zu den kleinen Burschenschaften, über die nur wenig bekannt ist – auch weil sie alles tut, ihre ideologische Ausrichtung zu verheimlichen. Sie vermeidet es, durch
programmatische Schriften deutlich zu machen, worin genau sie ihren „explizit politischen Auftrag“ sieht, zu dessen Erfüllung sie sich in der Festschrift anlässlich ihrer Gründung 1994
verpflichtet hat. Im Gegensatz zu anderen Verbindungen verfügt sie über keine eigene Website und tritt auf Facebook in Form einer „geschlossenen Gruppe“ auf. Angesichts dieser Abschottung ist
über sie nicht viel in Erfahrung zu bringen, aber immerhin genug, um sie ideologisch eindeutig einordnen zu können.
Die Gründungsfestschrift diente der „Vorstellung und Selbstdarstellung des Bundes“, der sich selbst als „politische Gruppe“ mit „national-freiheitlichen
Grundsätzen“ beschreibt. Zum Gastautor dieser „Selbstdarstellung“ wählte man mit Jürgen Hatzenbichler einen der radikalsten Führer der Neonazi-Szene und Aktivist der gewaltbereitesten
Gruppierungen Österreichs. Gemeinsame Sache machte Hatzenbichler unter anderem mit
– der VAPO (Volkstreue außerparlamentarische
Opposition) von Gottfried Küssel, die „in tiefer Trauer um Adolf Hitler“ zur „Zertrümmerung des Staates“, zur Neugründung und Wiederzulassung der NSDAP als Wahlpartei, zum Anschluss an
Deutschland und zur Aussiedlung aller Juden aufgerufen hatte;
– mit Gerd Honsiks „Nationaler Front“ (NF), die
Anschläge verübt, die „Straße erobern“ und die Demokratie „nach dem Vorbild der SA“ gewaltsam beseitigen wollte. Als stellvertretender Führer der NF verteilte er neonazistisches
Propagandamaterial mit Texten wie dem folgenden:
„Alle Lehrer Österreichs, die mit ihren Schülern „nach Mauthausen pilgern um dem Gasbetrug zu huldigen, werden, wenn wir
die Macht gewinnen, durch ein Gesetz mit rückwirkender Kraft zu Verbrechern erklärt und so lange am Halse aufgehängt, bis dass der Tod eintritt.“
– Hatzenbichler verteilte neonazistische Blätter wie
Honsiks „Halt“ oder Walter Ochensbergers „Sieg“. Die im Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus beschriebenen Kontakte des Immer-Wiederbetätigers Ochensberger lesen sich wie ein Who is
Who der neonazistischen Gewalt- und Terrorszene: Bombenwerfer, Brandstifter, Schläger, Wehrsportler und Waffensammler neben führenden Rassisten, Volksverhetzern, Hitler-Verehrern und
Auschwitzleugnern. Ochensberger war auch Versender einer Loseblatt-Sammlung für den militanten Rechtsextremismus, die praktische Hinweise für Putsch, Partisanenkampf, Sabotage, Ausschaltung von
Behörden, Anlegung unterirdischer Waffenlager, Foltermethoden und ähnliches enthielt. In einem Leserbrief bezeichnete Hatzenbichler die von Ochensberger herausgegebene Neonazi-Postille „Sieg“ als
„beste Zeitschrift … die es zur Zeit auf dem deutschen Markt gibt.“
– Hatzenbichler agitierte unter anderem gegen die
„Ersatzreligion der Menschenrechte“, gegen den Staatsvertrag, gegen das Anschlussverbot an Deutschland und gegen das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Seine Verurteilung wegen
Verbreitung „nationalsozialistischen Gedankenguts“ beklagte er als österreichischen „Staatsterrorismus“.
Bei einer Burschenschaft, die einen so eindeutig im Neonazismus verankerten Mann zum Autor ihrer Gründungsfestschrift macht, erübrigt sich die Frage nach dem
ideologischen Standort. Für einen Präsidentschaftskandidaten, der dieser Burschenschaft angehört und sich auch im Fall seiner Wahl nicht von ihr trennen will, muss das gleiche gelten.
3. Antisemitismus in den Burschenschaften: Der Arier-Paragraph ist für alle Burschenschaften immer noch verbindlich, auch wenn er
durch den weniger belasteten Begriff „Abstammungsprinzip“ ersetzt wurde. Dieser meint das gleiche und hat die gleiche Wirkung: Die Diskriminierung bzw. den gesellschaftlichen Ausschluss von Juden
und „Andersrassigen“, denen die Mitgliedschaft in Burschenschaften verwehrt bleibt.
Norbert Hofers Marko Germania zu Pinkafeld steht in einer bis 1817 (Gründungsveranstaltung Wartburgfest) zurückreichenden Tradition.
– Dass der
gewaltbereite Antisemitismus von Anfang an zu den hervorstechenden Wesensmerkmalen der deutschnationalen Burschenschaften zählte, ergibt sich aus deren Geschichte. Schon auf dem Wartburg-Fest,
der legendären Gründungsveranstaltung von 1817, wurde eine Hetzschrift des Heidelberger Professors Jacob Friedrich Fries verlesen, in der dieser die „Endlösung“ vorwegnahm, indem er forderte, die
„Kaste“ der Juden „mit Stumpf und Stiel“ auszurotten.
– Im Jahr 1987
schlug der Dachverband „Deutsche Burschenschaft in Österreich“ (DBÖ) Rudolf Heß für den Friedensnobelpreis vor. Dass ein so blasser Politiker wie Hitlers Stellvertreter zu der großen
Nazi-Ikone der Nachkriegszeit hat aufsteigen können, hängt mit seinem Schlusswort vor dem Nürnberger Tribunal zusammen. Während alle anderen Beklagten Ausrede an Ausrede reihten, stand er zu
seinen Taten: „Ich bereue nichts. Stünde ich wieder am Anfang, würde ich wieder handeln, wie ich gehandelt habe, selbst wenn ich wüsste, dass am Ende ein Scheiterhaufen für meinen Flammentod
bereit stünde.“
Dieses bedingungslose Bekenntnis zur Fortsetzung der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik von Juden und „Andersrassigen“, hat ihn zum Vorbild von Burschenschaften und Neonazis gemacht –
und diesen Mann haben die Burschenschaften für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
– Antisemitische Agitation ist fester Bestandteil burschenschaftlicher Veröffentlichungen geblieben. Da ist vom Kampf „gegen die
Einflüsse des Judentums auf kulturellem und wirtschaftlichem Gebiet“ die Rede,
da wird vor der „biologischen, kulturellen und wirtschaftlichen Gefahr“ des Judentums gewarnt. Das Judentum wäre gut beraten, wenn es sich „auf seinen Nationalstaat zurückzöge“ und die
„Rachegedanken aufgäbe“.
Noch in den sechziger Jahren rühmten sich Verbindungen, „die jüdischen Elemente entfernt“ zu haben oder „seit 1882 judenrein“ zu sein.
– Die
Innsbrucker Suevia hat schon in den sechziger Jahren klar gestellt, was heute immer noch gilt: dass es „für die Deutsche Burschenschaft in Österreich unmöglich ist, Nichtdeutsche aufzunehmen“ und
dass „somit auch der Jude in der Burschenschaft keinen Platz hat“.
– In
„Pauk-Comments“ der pennalen Waffenstudenten finden sich Sätze wie dieser: „Genugtuungsfähig auf Schläger ist jeder ehrenhafte arische Mann“.
– 2007
bedauerte der liberale Burschenschafter Harald Seewann, dass Burschenschafter sich heute noch auf die Waidhofener Beschlüsse berufen, in denen es heißt: „In Anbetracht der vielen Beweise, die der
jüdische Student von seiner Ehrlosigkeit und Charakterlosigkeit gegeben, und da er überhaupt der Ehre völlig bar ist“, könnten Juden in Burschenschaften „keinen Platz“ haben.
– Als im
Sommer 2011 gemäßigte deutsche Burschenschafter den Antrag stellten, die Aufnahme nicht von der deutschen Abstammung sondern von „Staatsbürgerschaft und Bekenntnis“ abhängig zu machen,
beteiligten sich 14 österreichische Burschenschaften an einer Protestresolution, in der es hieß, mit diesem „Verrat“ würde sich die Burschenschaft ihrem inneren Wesen nach selbst aufgeben“. Der
Antrag wurde zurückgezogen, der Arier-Paragraph war gerettet.
– Bestandteil
des burschenschaftlichen Antisemitismus ist auch die Tatsache, dass selbst die schlimmsten Verbrecher der NS-Geschichte wie u. a. Ernst Kaltenbrunner, Chef des Reichssicherheitshauptamtes, oder
Irmfried Eberl, Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka, die an der Ausrottungspolitik von Juden in führenden Positionen beteiligt waren, von ihren Verbindungen nicht ausgeschlossen wurden.
Im Gegenteil: Beim alljährlichen Totengedenken werden sie, wie alle anderen Verstorbenen, für ihre „besonderen Verdienste“ geehrt.
Seit Jahren bemüht sich Strache um jenen Feindbild-Austausch, der anderen rechtspopulistischen Parteien schon gelungen ist. Seine Versuche, den verfemten
Antisemitismus gegen den populären Anti-Islamismus auszutauschen, stießen auf erbitterten Widerstand von Burschenschaftern, die sich ihren traditionellen Antisemitismus nicht nehmen lassen
wollten. Ende 2010 fuhr er nach Israel, um sich dort als Verbündeter im Kampf gegen den islamischen Terror zu positionieren und den Judenstaat als „Bollwerk Europas gegen den Islam“ zu
positionieren.
Dem zu erwartenden Aufstand der Burschenschaften begegnete er auf eine für ihn typische Weise: Beim Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem wählte er als
Kopfbedeckung die Burschenschafter-Kappe, das Gemeinschaftssymbol jener deutschnationalen, „judenreinen“ Studentenverbindungen, die sich aus den Traditionen des Nationalsozialismus nie gelöst und
nicht einmal die schlimmsten Nazi-Verbrecher aus ihren Mitgliederlisten gestrichen haben.
Österreichs Burschenschafter durften sich klammheimlich auf die Schenkel schlagen: Eine vergleichbare Geste der Verhöhnung von sechs Millionen von den Nazis ermordeten Juden hat sich kein
westlicher Politiker je öffentlich geleistet.
Auf dem Sprung zur Macht haben Burschenschafter mittlerweile gelernt, das Werben um jüdische Wähler und die Selbstdarstellung führender Politiker aus ihren Reihen
als „Judenfreunde“ zu tolerieren. Hofers und Straches gemeinsamer Auftritt mit ehemaligen israelischen Politikern und Gerüchte, „zahlreiche Juden“ hätten beim ersten Wahlgang Hofer gewählt, wurde
von Pinchas Goldschmidt, Präsident der Europäischen Rabbiner-Konferenz, mit dem Satz kommentiert: „Als Gott die Intelligenz verteilte, hat sich nicht jeder angestellt.“
4. Die vielen Lügen um das Nazi-Symbol der Kornblume. Beleg für den Antisemitismus von Burschenschaften und FPÖ ist auch das Tragen
der Kornblume bei besonderen Anlässen wie konstituierenden Sitzungen von Nationalrat oder Landtagen.
Nach den unendlichen Lügengeschichten der FPÖ – von der Fiktion der „blauen Blume der Romantik“ (Novalis, eigentlich Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, hat
diese nie als Kornblume bezeichnet) über das allen historischen Erkenntnissen widersprechende Symbol der „Freiheitsbewegung von 1848“ bis zur burschenschaftlichen Erfindung der „Europablume“ –
war es ausgerechnet Norbert Hofer, der mit der Wahrheit herausrückte – allerdings in einer Form, die nur historisch informierten die Einordnung erlaubte. Nachdem er ursprünglich – vielleicht
sogar in gutem Glauben – den Unsinn von der „Europablume“ nachgeplappert hatte, rückte er im Präsidentschaftswahlkampf unter dem Druck von Journalistenfragen doch mit der Wahrheit heraus: Die
Kornblume war seit Beginn des 19. Jahrhunderts Symbol des „Dritten Lagers“.
Das klingt harmlos, ist es aber nicht. Für die Parteien des Dritten Lagers – vor allem für die „Alldeutschen“ des rabiaten Antisemiten und Burschenschafters
(Libertas) Georg Ritter von Schönerer, die die Kornblume im Parteilogo trugen, war diese vor allem Symbol ihres im Parteiprogramm festgeschriebenen Judenhasses. Als „Erfinder“ des
„Rassen-Antisemitismus“ wurde Schönerer zum „geistigen Vater“ von Adolf Hitler,
wozu sich dieser in „Mein Kampf“ ausdrücklich bekannte.
Schönerer ließ sich als „Führer“ anreden und mit „Heil“ grüßen.
Im Programm seiner Alldeutschen findet sich das „Gebot der Abwehr gegen den „Fremdkörper
Judentum“.
Schönerer wollte die deutsche Kunst aus der „Verjudung“ befreien, forderte die Entfernung von Juden aus Staatsdienst, Schulen, Universitäten, Vereinen und
Zeitungen. Er rief zur „Ausrottung parasitärer Rassen“ auf, „wie man Giftschlangen und gefährliche Raubtiere eben ausrotten muss.“
1900 verlangten die Alldeutschen im Wiener Parlament, eine Prämie für jeden „niedergemachten Juden“ auszusetzen.
Im Parlament, formulierte Schönerer Sätze wie diese: „Was von unseren Gegnern als Judenhass bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit Vaterlandsliebe.“ Oder: „Der Kampf gegen das Judentum ist des
Deutschen erste Pflicht.“
Dass er das ernst meinte, zeigt der Überfall auf das „Neue Wiener Tagblatt“. An der Spitze von 28 Gleichgesinnten war Schönerer in die Redaktion des
„Judenblattes“ eingedrungen, hatte Redakteure bedroht und geschlagen, was Historiker als „ersten Akt des rechten Terrors“ bezeichneten.
Die Kornblume des Parteiabzeichens von Schönerers Alldeutschen wurde als Symbol des Judenhasses von Studenten am Revers getragen.
In der Verbotszeit (1933 – 1938) war die Kornblume Erkennungszeichen der illegalen Nazis. Sie ersetzte NS-Symbole, deren Tragen unter Strafe stand – wie etwa das Hakenkreuz.
Schon mehrfach hat das Tragen der Kornblume politische Skandale ausgelöst. Österreichs ehemaliger Innenminister Oskar Helmer (1945 – 1959) ließ den steirischen
Landesverband des VdU wegen des Tragens von Kornblumen und Nazi-Outfit zwangsweise auflösen, weil darin „NS-Symbole zu erkennen sind.“
Eine Beschwerde der FPÖ an die Rundfunkkommission wegen Verletzung des Objektivitätsgebots wurde vom Verfassungsgerichtshof zurückgewiesen. In der Begründung hieß
es unter Berufung auf das Gutachten eines Universitätsprofessors für Zeitgeschichte, die Kornblume sei ein „Ersatzzeichen für verbotene Symbole der NSDAP“ gewesen. Die Meldung des ORF, die
Kornblume sei vor dem Zweiten Weltkrieg ein „Geheimsymbol der illegalen Nationalsozialisten“ gewesen, sei als „überprüfbare Tatsachenbehauptung“ zulässig.
Nicht nur in der Zwischenkriegszeit war die Kornblume Erkennungszeichen illegaler Nazis. Sie ist es bis heute geblieben. Bei Veranstaltungen der neonazistischen
AfP wird sie von Besuchern getragen. Der „Bund freier Jugend“, die neonazistische Nachwuchsorganisation der AfP, führt sie im Vereinsabzeichen.
Die Tatsache, dass all die verbalen Verrenkungen, mit denen Freiheitliche das Tragen der Kornblume zu erklären versuchen, von Wissenschaftlern eindeutig als Lügen
oder Ausreden klassifiziert werden, lässt für Demokraten eigentlich nur einen Schluss zu: Sie ist für Burschenschafter und FPÖ-Funktionsträger Symbol für Schönerers gewalttätigen Antisemitismus
und gleichzeitig Bekenntnis zur Tradition des illegalen Nationalsozialismus geblieben.
Als Symbol von Schönerers Alldeutschen markiert die Kornblume den Beginn des Weges, der im fabriksmäßig organisierten Massenmord in den Konzentrationslagern des
Nationalsozialismus endete. Das Tragen der Kornblume bei offiziellen Anlässen ist eine offene Verhöhnung der Opfer des NS-Terrors. Ein Bundespräsident, dessen Fotos mit diesem Nazi-Symbol um alle
Welt gingen, wäre eine Schande für dieses Land.
Aber nicht die einzige: Dass diese neonazistische Provokation von Politikern der demokratischen Mitte nicht erkannt wurde und das Tragen der Kornblume sogar bei
der Angelobung des Nationalrats möglich war, ist nicht nur eine Blamage, es ist ein Verrat an unserer Verfassung, die Österreich dazu verpflichtet, „alle Spuren des Nationalsozialismus“ aus
Gesellschaft und Politik zu tilgen.
5. Gegen NS-Verbot und „Menschenhatz der Linken“. Beim Kampf gegen das Verbotsgesetz arbeiten Korporierte und FPÖ mit Neonazis seit Jahren Hand in Hand. Für viele ist der Kampf gegen
dieses so genannte „Schandgesetz“ ein Akt des Selbstschutzes: Immer wieder überschreiten Burschenschafter jene Grenzen, die der Gesetzgeber gezogen hat.
Norbert Hofer hat diese Tradition übernommen. Mehrfach stellte er das Gesetz in Frage, das nationalsozialistische
Wiederbetätigung unter Strafe stellt. 2008 forderte er in einer Diskussion mit Jugendlichen eine Volksabstimmung über diese Frage.
Im gleichen Jahr nahm er die freiheitliche Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz in Schutz, die den von Burschenschaftern immer wieder konstruierten Widerspruch zum Recht auf freie
Meinungsäußerung thematisiert hatte. Rosenkranz sei Opfer von „Vernaderung“ und „Menschenhatz“ der „vereinigten Linken“ formulierte er damals und
attackierte Bundespräsident Heinz Fischer, der sich unter dem „Tarnmäntelchen des Staatsmannes“ einmal mehr als „Linksausleger der SPÖ“ erwiesen habe.
Im November 2013 wiederholte er den juristisch ausjudizierten Unsinn, das Verbotsgesetz „spieße sich ein bisschen mit der Meinungsfreiheit“. Eigentlich müsste er
es besser wissen. Zweimal wurde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in dieser Frage angerufen, beide Male kam er zu einem eindeutigen Urteil: Die „strafrechtliche Verfolgung von
nationalsozialistischen Äußerungen“ sei durch das Verbotsgesetz „ausreichend legitimiert“ und zudem ein „notwendiger Bestandteil“ einer demokratischen Gesellschaft. Meinungsäußerungen zugunsten
dieses totalitären Systems seien ein „Missbrauch der Freiheitsrechte“.
Mit seiner Forderung, das Verbotsgesetz auf IS-Sympathisanten auszudehnen,
knüpft Hofer nahtlos an eine jahrzehntelang geübte Taktik des Neonazismus an. Er stellt die Verharmlosung und Verherrlichung der schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte bis hin zum
fabrikmäßigen Massenmord, an denen Hunderttausende Österreicher beteiligt waren, auf eine Stufe mit ein paar Hundert verblendeten, meist jugendlichen Extremisten, denen in Österreich nichts
anderes vorgeworfen werden kann, als Sympathie oder Mitgliedschaft in einer kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung. Zu realen Verbrechen ist es – zumindest bisher – in Österreich jedenfalls
nicht gekommen. Die Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten mit den Umtrieben jugendlicher IS-Verblendeter auf eine Stufe zu stellen: eine schlimmere Verharmlosung der nationalsozialistischen
Terror- und Tötungs-Tyrannei lässt sich kaum vorstellen.
6. Hofers rechtsextreme Weggefährten, Freunde und Mitarbeiter. In die Schlagzeilen geriet Hofer während des Wahlkampfes um die
Bundespräsidentschaft, als Journalisten von „Profil“ und „Falter“ in seinem Umfeld recherchierten und auf mehrere Rechtsausleger stießen. Hofers Büroleiter ist Rene Schimanek, der sich 1987 mit
Schlagstock und Springerstiefeln gemeinsam mit seinem Bruder Hans Jörg (jun.) an Gottfried Küssels Wehrsportübungen beteiligt hatte.
Ein anderer Mitarbeiter, der Burschenschafter Herwig Götschhuber (Bruna Sudetia), ist Sprecher des rechtsextremen Dachverbandes „Deutsche Burschenschaft“ und
Mitorganisator jenes Akademikerballs in der Wiener Hofburg, bei dem Burschenschafter, Neonazis und Auschwitzleugner das Tanzbein schwingen. 2009 nahm er, gemeinsam mit amtsbekannten Neonazis, am
alljährlichen Gedenkmarsch für die Neonazi-Ikone Walter Nowotny teil.
Die Referentin Irmgard Fischer in Hofers Parlamentsbüro ist Mitglied der rechtsextremen und extrem rassistisch agierenden „Mädelschaft“ Freya, die in
Neonazi-Diktion die „Zerstückelung des Reiches“, die „Umerziehung der Deutschen in Österreich“ und die damit verbundene „Eliminierung der deutschen Identität“ beklagt. Zwei weitere Referenten
Hofers, Arndt Praxmarer (Suevia) und Pressesprecher Konrad Berlakowitsch (Silesia) gehören Verbindungen der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ an, die Österreich als Teil Deutschlands
sieht.
Politisch sozialisiert wurde der junge Norbert Hofer als Pressesprecher des burgenländischen Parteiobmannes Manfred Rauter, der
– „die Zugehörigkeit zur deutschen Nation für alle
deutschen Österreicher“ als „unverzichtbar“ ausgab,
– den Präsidenten der Landwirtschaftskammer
beschuldigte, die „Endlösung der Weinbauern“ zu betreiben,
– einem ÖVP-Mandatar im FPÖ-Pressedienst in lupenreiner
Nazi-Diktion bescheinigte, dass er im Dritten Reich als „Volksschädling“ keine Karriere hätte machen können,
– der es für legitim hielt, sich über die Zahl der im
Dritten Reich getöteten Juden Gedanken zu machen,
– der die Arbeitsmoral durch Zwangsarbeit für
Arbeitslose „wie damals“ (im Dritten Reich) heben wollte,
– der fand, man müsse sich auch „mit den positiven
Seiten“ des Nationalsozialismus auseinandersetzen,
– der sich nach Haiders Ausspruch von der „ordentlichen
Beschäftigungspolitik im Dritten Reich“ darüber beklagte, dass einer der „die Wahrheit sagt, medial fertig gemacht“ wird,
– der dem Offenen Haus Oberwart mit Streichung der
Subventionen drohte, nachdem dieses eine Ausstellung unter dem Titel „Naziherrschaft und was davon blieb“ veranstaltet hatte,
– und der seinem Ausschluss aus der Richtervereinigung
wegen seiner NS-Sprüche durch eine freiwillige Austrittserklärung zuvorkam.
Nach seinem Aufstieg zum Landesparteisekretär bewarb Hofer die FPÖ-Kampagnen gegen Ausländer, gegen die EU, gegen die Osterweiterung und gegen den Euro,
engagierte sich gegen die „Vermischung“ im Grenzland, kämpfte gegen eine „Moschee“ in Parndorf mit dem Argument, diese würde einen „Zuwanderer-Boom“ von Muslimen auslösen – dabei handelte es sich
um einen 55 Quadratmeter großen Gebetsraum. Vor allem aber verhalf er Rechtsauslegern zu Parteikarrieren, unter anderem dem schlagenden Burschenschafter Geza Molnar (Corps Hansea), der
es mit 32 Jahren zum FPÖ-Klubobmann im burgenländischen Landtag und zum stellvertretenden Parteivorsitzenden gebracht hat.
Molnar zählt zu jenen FPÖ-Politikern, die ohne
Berührungsängste an Veranstaltungen der „Identitären“ teilnehmen und auch dazu stehen.
Es scheint ihn nicht zu stören, dass die „Identitären“ bereit sind, zur Durchsetzung ihrer Ziele Gewalt
einzusetzen.
– In Wien
stürmten sie das Audimax der Universität, als eine Aufführung des Stückes „Die Schutzbefohlenen“ von Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek gezeigt wurde, bei der auch Flüchtlinge auf der
Bühne standen.
– In Graz
haben Aktivisten der „Identitären“ die Parteizentrale der Grünen besetzt, Antifaschisten überfallen, mit Schlagstöcken und Gürtelschnallen auf sie eingeprügelt.
– In
Klagenfurt haben sie die Uni gestürmt und deren Rektor attackiert.
Auch Hofer selbst hat keine Berührungsängste mit Rechtsextremen. Der NPD-Postille „hier & jetzt“
gab er ein ausführliches Interview. Die Fragen stellten der Burschenschafter und damalige NPD-Landtagsabgeordnete Arne Schimmer (Dresdensia-Rugia zu Gießen) und Thorsten Thomsen,
Pressesprecher der NPD-Fraktion in Sachsen.
Als „Vorbild“ nannte Hofer in diesem Interview Konrad Lorenz, dem für seine wissenschaftlichen Verdienste der Nobelpreis
verliehen wurde, während ihm für seine Tätigkeit als Legitimationstheoretiker der nationalsozialistischen Rassenpolitik die Ehrendoktorwürde der Universität Salzburg aberkannt wurde. In
menschenverachtender Eindeutigkeit hatte sich Lorenz einst zur „Ausschaltung“ einer „Durchmischung mit Fremdrassigen“ bekannt und davor gewarnt, dass „ein sozial minderwertiges
Menschenmaterial…den gesunden Volkskörper durchdringen und schließlich vernichten“ könne. Als Therapie für die „rassehygienische Abwehr“ empfahl er, „wie beim Krebs“, möglichst frühzeitiges
„Erkennen und Ausmerzen des Übels“. Die Ausscheidung Andersrassiger und ethisch Minderwertiger sei „für den überindividuellen Volksorganismus“ leichter und weniger gefährlich, als „die Operation
des Chirurgen für den Einzelkörper“.
Da im Interview die Ausländerpolitik im Mittelpunkt stand, während jene Fragen, denen sich Lorenz in seinen wissenschaftlichen Arbeiten widmete, nicht einmal am
Rande erwähnt wurden, kann die Nennung seines Namens als „Vorbild“ kaum anders gedeutet werden als in politischem Zusammenhang – als Signal an den extremen rechten Rand der Wähler, deren Gewalt-
und Vernichtungsphantasien Internet-Seiten wie jene füllen, denen Hofer angehörte, bevor er auf der Suche nach präsidialer Seriosität seine Kontakte durchforstete und seine Facebook-Seite
säuberte, durch die seine blütenblaue Weste braune Flecken bekommen hatte.
So war der vermeintliche „Alibi-Liberale“ (Profil) als Mitglied einer Internet-Community mit dem unverfänglichen Titel „Besseres Europa“ registriert, die sich bei
näherem Hinsehen als gut getarnte Neonazi-Gruppierung von eindeutig positionierten Administratoren entpuppte: Yvonne Klüter gab sich als begeisterte Freundin von Hermann Göring zu erkennen,
Roland Scheutz stellte Sprüche wie diesen ins Netz: „Trau keinem Fuchs auf grüner Heid – und keinem Jud´ bei seinem Eid.“
Auf Hofers Facebook-Konto, das nur Freunden zugänglich war, fanden die Hacker von „bawekoll“ unter anderem eine Frau mit dem klingenden Namen Amanda Alice
Maravelia, die als politische Einstellung „NS/NPD“ angab, sich zu einem „starken Staat“ basierend auf dem Prinzip „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ bekannte, Hakenkreuze postete und mit Norbert
Hofer „bis zum Endsieg“ befreundet war.
Die Freundesliste von Maravelia, die ihre Sympathie für den Nationalsozialismus so offen bekundete, las sich wie ein „Who is Who“ der Neonazi- und
Burschenschafter-Szene – gleichzeitig auch wie ein „Who is Who“ der FPÖ.
Als Norbert Hofer die Chance sah, als Nachfolger von Martin Graf ins Parlamentspräsidium aufzurücken, begann er, seine Biografie für die politische Mitte
aufzubereiten. Nicht immer ist er bei der Wahrheit geblieben. In Interviews erklärte er, sein Vater sei bei der ÖVP gewesen und erweckte den Eindruck, er stamme aus einem Elternhaus mit
christlich-sozialen Wurzeln.
Dem „Freiheitlichen Gemeindekurier“ zufolge war Hofers Vater jedoch FPÖ-Gemeinderat in Pinkafeld, Obmann des freiheitlichen Seniorenringes im Burgenland und unter anderem Autor eines im
Gemeindekurier veröffentlichen „Senioren-Manifests“, in dem er seine Generation als „Opfer des Krieges“ darstellte, in den sie „guten Glaubens und idealistisch“ gezogen seien. Kein Wort der Reue
und der Mitverantwortung für den NS-Massenmord.
Zu jenen rechten Freunden, zu denen sich Hofer bis heute offen bekennt, zählt der Burschenschafter und Maler Manfred Wiesinger, der sich mit Künstlernamen Odin
nennt und seine Arbeiten mit der Odal-Rune signiert. Dieses einstige Symbol der Hitler-Jugend wurde nach dem Krieg von der neonazistischen Wiking-Jugend verwendet, die sich als
Nachfolgeorganisation der Hitler-Jugend verstand und 1994 verboten wurde. Die rechtsextreme Zeitschrift Nation und Europa bezeichnete sie 1993 als „ein altes
nordisches Symbol der Ahnentreue“.
Hofers Lieblingsmaler bedient rechtsextreme Codes, bedauert die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus und wettert gegen die „Diktatur des Hässlichen,
Minderwertigen, Würde- und Maßlosen in der Kunst“ , immer peinlich darauf bedacht, dem Wort „entartet“ auszuweichen. Zu den Arbeiten, die in der Vorwahlzeit die Aufmerksamkeit der Medien erweckten, zählt das
Ölbild eines Burschenschafters der „Olympia“, der vor einer großdeutschen Karte posiert, die Österreich, Südtirol, Tschechien und Teile Polens inkludiert. Eine seiner Werksreihen trägt den Titel
„Endsieg“.
Als Medien die NS-Sprache von „Odin“ zum Thema machten, wurde er von Hofer auf Facebook getröstet: „Sei dir meiner
Freundschaft gewiss. Ich freue mich auf ein Wiedersehen.“
Für den Fall seines Wahlsieges hat Norbert Hofer angekündigt, seine Mitarbeiter aus der rechtsextremen Szene in die Hofburg mitzunehmen, mit dem freiheitlichen
„Besen durch das Land zu fegen“ und hinzugefügt, man werde sich noch wundern, „was alles möglich ist“. Die Bundesverfassung stünde ihm dabei nicht im Weg. Er könnte tatsächlich die Regierung
davonjagen, Strache zum Kanzler machen, den Nationalrat auflösen und mit Notverordnungen regieren.
Dass diese Möglichkeiten in Vergessenheit geraten sind, weil die Großparteien nie daran dachten, von diesen Gebrauch zu machen, muss für ihn kein Hindernis sein.
Diese Faktensammlung
versucht, für die
Bundespräsidentenwahl wichtige Informationen zusammenzufassen. Sie versteht sich als Handreichung für politische Journalisten und darf beliebig – mit und ohne Zitierung – verwendet werden.
Der Autor: Hans-Henning Scharsach ist
Journalist und Sachbuchautor. Mit 33 wurde er Chefredakteur der NEUEN Vorarlberger Tageszeitung, arbeitete neun Jahre als Auslandskorrespondent für die Blätter des Grazer Styria-Verlages, danach
als außenpolitischer Ressortleiter des Kurier und bis 2006 als Leiter des Auslandsressorts und stv. Chefredakteur von NEWS. Seit mehr als 30 Jahren befasst er sich mit Themen des
Rechtsextremismus, Neonazismus und der Burschenschaften. U. a. sind von ihm erschienen: 1991 „Haiders Kampf“, mit 115.000 verkauften Exemplaren Österreichs meistverkauftes politisches Sachbuch.
1995 „Haiders Clan, Wie Gewalt entsteht“, 2000 „Die Ärzte der Nazis“, 2002 „Rückwärts nach rechts – Europas Populisten“ und 2012 „Strache – im braunen Sumpf.“
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