An: innenpolitik@apa.at

und andere Medien-/Gewerkschafts-/Politik-/Lehrer*innenadressen

Graz, Wien, Linz, Kufstein, Pettenbach, am 12.11.2019

 

Betreff: Veröffentlichung und Betrieb einer Lehrpersonenbewertungs-APP

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleg*innen und an Bildung Interessierte!

 

Wir von der Österreichischen Lehrer*innen Initiative, kurz ÖLI-UG, nehmen als Personalvertretung und Unabhängige

Gewerkschafter*innen für mehr Demokratie zur Ankündigung einer neuen App zur Bewertung von Lehrpersonen durch

Schüler und Schülerinnen am kommenden Freitag (15. November) folgendermaßen Stellung:

 

Wir weisen darauf hin, dass z.B. auf qibb.at (Qualität im berufsbildenden Schulwesen) und sqa.at

(Schulqualitätsmanagement Allgemeinbildung) seit Jahren Feedbackinstrumente für Schüler*innen, Lehrer*innen und

Schulleitungen zur Verfügung stehen, die auch häufig genutzt werden.

 

Evaluieren ist nicht Bewerten mit 5 Sternen!

 

Eine öffentliche Bewertungs-APP kann den Anspruch von Evaluierung nicht erfüllen. Einerseits werden die Personenrechte

auf Datenschutz nicht gewahrt, anderseits wird vor allem jenen Raum gegeben, die aus wenig sachlichen Gründen mit dem

Unterrichtsgeschehen unzufrieden sind. Eine gute Feedback-Erhebung bezieht alle am Unterrichtsgeschehen Beteiligten in

die Evaluierung mit ein, was diese Lehrer-Bewertungs-APP eben gerade nicht macht.

 

Es ist Realität, dass wir als Lehrpersonen es nie allen Schülern und Schülerinnen gleich recht machen können, auch wenn

wir uns noch so sehr anstrengen. Dies ist ein pädagogisches Dilemma. Was von der Mehrheit gut angenommen wird, kann

der Einzelne eben als wirklich schlecht empfinden.

 

Diese Lehrer*innen-Bewertungs-APP gibt dem Einzelnen unglaublich viel Macht und wird à la longue dazu führen, dass der

Antrieb, es allen recht zu machen, und die Angst vor öffentlicher Bloßstellung unsere Art des Unterrichtens, unsere

Objektivität und Motivation negativ beeinflussen.

 

Zum Gelingen eines positiven Unterrichtsgeschehen müssen immer beide Seiten gemeinsam beitragen, die Lehrpersonen

und die Schüler und Schülerinnen. Organisiertes Lehrer*innen-Bashing hilft da nicht und wird sich als kontraproduktiv

erweisen!

 

Wir lehnen also die APP ab, erstens weil die Bewertung im Öffentlichen Raum stattfindet und zweitens wir den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Schüler und Schülerinnen, aber auch der
betreffenden Lehrpersonen nicht gewährleistet sehen
.

 

Wir werden die Rechte der Betroffenen nach der DSGVO und dem DSG einfordern. Falls hier Fehler gemacht werden,

werden wir das Recht auf Vergessen einfordern und zum Löschen aller Betroffenendaten gemäß Art. 17 DSGVO auffordern.

Wir wissen, dass das Internet nicht vergisst, insofern betrachten wir die öffentliche Bewertung von Menschen als sehr

bedenklich.

 

Wir haben die Befürchtung, dass die APP einem Lehr*innen-Bashing Raum gibt, da mit der APP eine repräsentative

Unterrichtsevaluation kaum möglich sein wird. Ein schlechtes Rating und eine unbedarfte Äußerung wird per Klick schnell

abgesetzt. Wir sind uns deshalb auch sicher, dass es vorkommen wird, dass eine Einzelbewertung von betroffenen

Lehrpersonen als zutiefst verletzend und als „üble Nachrede” empfunden werden wird.

 

Anzeigen nach § 111 StGB sind deshalb zu erwarten. Wir als Personalvertretung werden dann darauf drängen, dass nicht nur

der Schüler/die Schülerin, also diejenigen, die bewerten, sondern auch jene, die diese Bewertung (und

Grenzüberschreitung) überhaupt erst ermöglichten und vielleicht auch bewusst in Kauf nahmen, angezeigt werden. Das

Strafgesetzbuch kennt auch den § 12, also jenen der Mittäterschaft.

 

Es geht um den Menschen!

 

Grundsätzlich lehnen wir eine Evaluierung des Unterrichts keineswegs ab. Wir glauben, dass Feedbackprozesse sinnvoll und

wünschenswert sind. Es benötigt hierfür professionelle Instrumente, die die Anonymität der Feedbackgeber und auch der –

nehmer gewährleisten, aber am besten im Rahmen eines echten Schulqualitätsmanagements und unter Einbeziehung der

Personalvertretung, schließlich geht es hier um die Bewertung von Menschen und nicht von Dingen.

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

für die ÖLI-UG

DI Hannes Grünbichler, Mag. Ursula Göltl (GÖD Bundesleitung-AHS), Mag. Elisabeth Hasiweder, Barbara Gessmann-

Wetzinger (ÖLI-Vorsitzende), Josef Gary Fuchsbauer (ÖLI-UG-Bundeskoordinator, 0680 2124358)

 

PS: Dass vor Erscheinen der App auch eine andere Sicht möglich ist, lesen Sie im Kommentar von Manfred Sparr auf oeliug.at