Sozial-integrative und individuell fördernde gemeinsame Schule vorbereiten!
von Reinhart Sellner
1. Etikettenschwindel Länder- und SSR-NMS beenden
Nachdem Bildungsministerin Schmied mit sozialdemokratischen Gesamtschul-Ambitionen am ideologischen Widerstand der ÖVP-Gymnasiasten und dem standespolitisch angerührten Beton der AHS-GÖD
gescheitert war, wurde aus einer NMS für alle 10-14-Jährigen eine personell etwas besser ausgestattete neue Hauptschule der Länder. Die Landeshauptleute nahmen nur zu gerne zusätzliche
LandeslehrerInnenpersonal gerne für individuell fördernden Unterricht in ihren, vom Bund finanzierten, aber kaum prüfbaren Landesschulbereich auf.
Im Zug der restriktiven Budgetpolitik hält die neue Regel-Hauptschule NMS nicht, was den LehrerInnen und erst recht nicht, was den Eltern versprochen wurde. Verglichen mit der Einführungsphase
gibt es nicht die vorgesehenen zusätzliche Dienstposten, der der Einsatz von AHS-Kolleginnen (Bund) an NMS (Land) scheitert auch am bereits bestehenden AHS-LehrerInnenmangel, und das den Eltern
versprochene AHS-Niveau der NMS-Hauptschulen wird sich angesichts der Fortschreibung der sozialen Ungleichheit von Hauptschul- und AHS-Unterstufen-Population auch bei kommenden Standard- und
PISA-Testungen nicht einstellen. Die soziale Selektion der 9-jährigen Kinder wird weder durch halbherzige Heterogenisierung der HS-Leistungsgruppen noch durch ein neues Türschild aufgehoben.
Die PISA-Ergebnisse der NMS werden von den AHS-GewerkschafterInnen der ÖVP als Argument gegen Gesamtschulreform und für den Vorrang der Langform des Gymnasiums hergenommen, ganz als ob die Lern-
und Arbeitsbedingungen an den AHS-Unterstufen zufriedenstellend wäre und das Elend und die gesellschaftlichen Folgen des selektiven Schulsystems geleugnet oder ignoriert werden könnte.
NMS-Eltern, vor allem im ländlichen Bereich, sind enttäuscht, weil die NMS ungewohnt, auch verunsichernd, aber am Ende nichts anderes ist, als die alte Hauptschule, nur ohne 1. Leistungsgruppe.
Diese Verunsicherung wird noch dadurch verstärkt, dass die NMS ab der 7. Schulstufe eine differenzierte Benotung vorschreibt, die SchülerInnen bekommen der AHS-Unterstufe bzw. der alten 1.
Leistungsgruppe entsprechende Noten für „vertiefte“ Bildung, oder sie sind nur „grundlegend“ gebildet. Statt eines „vertieften Fünfers“ gibt es weitere Schattierungen: „grundlegender Dreier,
Vierer, im schlechtesten Fall dann Fünfer“ (im 4.0-System wäre das dann 0.0). Wenn die Noten in den Schularbeitsfächern nur „grundlegend“ ausfallen, verhindert das die Aufnahme an einer
AHS-Oberstufe bzw. einer BMHS. Privathauptschulbetreiber rechnen bereits auf ein gutes Geschäft mit NMS-Eltern, die ihren Kindern bessere Bildungsmöglichkeiten kaufen wollen. Während an den
„Gyms“ zusätzliche freie Plätze fehlen, geht die Abwanderung von den Hauptschulen in Ballungsräumen trotz der NMS-Umwandlung weiter
NMS-Lehrerinnen sind mit Hochglanzbroschüren allein gelassen worden, die Umstellung von der Leistungsgruppen-Hauptschule auf die NMS kommt von oben, mit großen pädagogischen Herausforderungen,
ohne erwartete Unterstützungsmaßnahmen, mit weniger zusätzlichen Stunden als versprochen. Und ohne Verschränkung und Kooperation mit den AHS der Region, die weiter den Kindern der „besseren“
Eltern vorbehalten bleibt.
ÖLI-UG ist gegen den Etikettenschwindel NMS, der – von wenigen Ausnahmen abgesehen – von der Krise im Bildungsbereich ablenken soll und von den Landeshauptleuten und der Bundesregierung als
Ersatz für grundlegende sozial-integrative und demokratische Bildungsreformen genommen wird, die bis dato an ÖVP- und StandespolitikerInnen in den LehrerInnengewerkschaften ebenso gescheitert
sind wie an der fehlenden Bereitschaft der SPÖ für diese Reformen und ihre ausreichende Finanzierung politisch zu kämpfen.
Aber weil es so ist, bleibt es nicht so. Wir ÖLI-UG werden weiter für eine lebenswerte Zukunft der Schulen, der SchülerInnen und LehrerInnen arbeiten – und für bessere Arbeitsbedingungen,
Arbeitszeiten und Einkommen aller PädagogInnen. Je gestärkter wir nach den Personalvertretungswahlen im November 2014 in Personalvertretung und Gewerkschaft sein werden, desto besser.
2. Sozial-integrative und individuell fördernde gemeinsame Schule legistisch vorbereiten
ÖLI-UG für eine sozial-integrative und individuell fördernde gemeinsame Schule
ÖLI-UG für ein gemeinsames demokratisches Lehrerinnendienstrecht aller PädagogInnen:
• ohne Arbeitszeiterhöhung,
• ohne All-inclusive-Bestimmungen und
• ohne Lohndumping
• mit vollakademischer Ausbildung und Bezahlung für alle LehrerInnen
• mit autonom-eigenverantwortlichen Schulen und österreichweit einheitlicher Bundeskompetenz für Schulen, ihr Personal und ihre ausreichende Finanzierung
3. Vermögensbezogene Steuern zur Finanzierung von Bildung, Forschung und öffentlichen Diensten
Wir wissen: Bildung kostet. Mit ÖGB und AK treten ÖLI-UG und alle Unabhängigen GewerkschafterInnen in der GÖD für eine demokratische, sozial umverteilende Steuerreform ein – in der GÖD arbeiten
wir dafür, dass sie ihre Bindung an die ÖVP-Steuerpolitik aufgibt und für die Sicherung und den Ausbau der öffentlichen Dienste und für die ArbeitnehmerInneninteressen der Kolleginnen im
öffentlichen Dienst und den Ausgegliederten Betrieben eintritt. Sparpakete auf Kosten der KollegInnen und der SchülerInnen haben wir schon genug gehabt, an allen Schultypen und Standorten. Es ist
höchste Zeit für eine offensive Bildungsbudgetpolitik aller LehrerInnengewerkschaften. Glück auf!
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