Nach dem die von der Opposition und den Statistikern scharf kritisierte „Reorganisation“ der Statistik Austria, ist eine Umstrukturierung des BIFIE angesagt.
Presseabteilung radikal verkleinert, Abteilung für Analyse aufgelöst
Der vom Kanzleramt angezettelte Umbau der Statistik Austria ist seit letzter Woche fix. Das Aufsichtsgremium der Statistik Austria, der Wirtschaftsrat, der großteils aus Vertreter*innen der
Ministerien besteht, hat die Änderungen wie erwartet abgesegnet. Das bedeutet, die Presseabteilung wird radikal verkleinert und die Abteilung für Analyse aufgelöst. Das Kanzleramt werde in
Zukunft de facto deutlich mehr Einfluss auf die Statistik Austria haben und die Koordination der Außenkommunikation mitübernehmen, ist der zentrale Vorwurf der Kritiker.
Stichwort Message-Control.
Auch beim geplanten Umbau des BIFIE gehe es um mehr Einfluss der Regierung: Aus dem 2008 vom Nationalrat eingerichteten Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des
österreichischen Schulwesens (BIFIE) wird eine „nachgeordnete Dienststelle“ im Bildungsministerium. Es bekommt auch einen neuen Name: Institut des Bundes für Qualitätssicherung im
österreichischen Bildungswesen (IQS). Und es geht, wie bei der Statistik Austria, vor allem um Message-Control.
Wie bei der Statistik Austria und ihren fundierten, von den Medien regelmäßig berichteten Stellungnahmen zu sozial-, steuer- und wirtschaftspolitisch relevanten Themen, soll sichtlich jetzt auch
im Bildungsbereich der Kritik und dem Arbeiten an demokratischen, sozial-integrativen Bildungs- und Schulperspektiven eine wesentliche wissenschaftlich fundierte, wenn auch bisher zu wenig
genützte Grundlage genommen werden. „Die schwarz-blaue Schulpolitik der Notenpädagogik, Strafen als Erziehungsmittel, Einsparungen, Deutschklassen, soziale Segregation, ethnische oder religiöse
Vorurteile zur fortgesetzten Spaltung der Gesellschaft, braucht keine Bildungsberichte und keine Kritik und auch kein BIFIE, wie es sich – krisenhaft, aber insgesamt produktiv bis heute
entwickelt hat“, stellt Reinhart Sellner fest.
Kritik kommt von Bildungsexpert*innen und der Opposition. Sonja Hammerschmid (SPÖ) sieht ein „schwarz-blaues Gängelband für evidenzbasierte Bildungspolitik“. Für Douglas Hoyos (NEOS) ist eine
„echte Qualitätssicherung und Evaluierung“ nur durch „eine externe und unabhängige Einrichtung und keine Dienststelle im Ministerium“ möglich.
Bildungsminister Heinz Faßmann versichert zwar die Unabhängigkeit des neuen Institutes. Es werde keine „geschönten oder verzerrte“ Ergebnisse geben. Denn die Unabhängigkeit werde im Gesetz
festgeschrieben und ein von ihm nominierter wissenschaftlichen Beirat werde dies überwachen.
„Dadurch wird die wissenschaftliche Unabhängigkeit nicht sichergestellt“, entgegnet Bildungswissenschafter Stefan Hopmann von der Uni Wien im STANDARD-Gespräch mit Lisa Nimmervoll. „Auf konkrete Ergebnisse und den Spin der Ergebnisse hat so ein
Beirat überhaupt keinen Einfluss“, stellt Hopmann, der selbst Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bifie war, klar.
…. berichten, was gehört werden will
Das neue Institut (IQS) werde eine „nachgeordnete Statistikverwaltung, die zu berichten hat, was gehört werden will“, ist sich Hopmann sicher. Es gehe wie bei der Umgestaltung der Statistik
Austria um Message-Control, und die „spielt im postfaktischen Zeitalter ja eine große Rolle.“
Dass angesichts der türkis-blauen Aktion, die Statistik Austria enger an das Bundeskanzleramt anzudocken, über 300 Forscher*innen in einem offenen Brief an Minister Faßmann – der jetzt dabei ist,
das BIFIE in eine seinem Ministerium „nachgeordnete Dienststelle“ umzubauen – ihn auffordert, sich für die Unabhängigkeit der Statistik Austria einzusetzten, damit diese „weiterhin ohne
politische Einmischung valide und zuverlässige Daten generieren und analysieren kann“, entbehrt nicht einem gewissen Grad an Ironie.
ms
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