Wie derStandard.at berichtet, ist das Bildungsministerium mit der Zentralmatura in der
derzeitigen Form nicht zufrieden. Kritisiert wird sowohl die Art der Aufgaben und der Durchführung der Zentralmatura, als auch das Gremium, das für die Aufgabenerstellungen verantwortlich ist.
Bildungsminister Faßmann will deshalb zeitnahe die Pläne des Ministeriums präsentieren, mit denen die Zentralmatura wie „in halb Europa“ auch in Österreich „State of the Art“ werden soll. Soweit
die Ankündigung des Ministers. Erstaunen löst der Minister mit seiner Aussage aus, dass er jeden Teil der heurige Zentralmatura evaluieren will. So als ob das in den letzten Jahren noch nicht
passiert wäre. Aber die Zentralmatura an sich wird von Faßmann nicht infrage gestellt.
Sein Parteikollege und Mitglied der Gruppe Bildung bei der Erstellung des Regierungsprogramms, der Abgeordnete Rudolf Taschner, möchte zwar die Zentralmatura nicht abschaffen, aber lieber wäre
ihm eine „teilzentrale Matura“. Ein Teil der Aufgaben sollen zentral gestellt werden und das Mindestmaß an Wissen – sorry, Kompetenzen – abprüfen, das/die man von Maturant/innen erwarten darf.
Ein zweiter Teil der Maturaaufgaben sollen wie vor der Zentralmatura die Lehrer/innen erstellen. „Pflicht- und Kürteil“ nennt das Taschner. Das sei durchaus sinnvoll, sagt Gerlinde Bernhard,
Vorsitzende des Zentralausschusses der BMHS dem Standard: „Wir wissen am besten, wo die Kompetenzen der Schüler je nach
Schulschwerpunkt liegen“.
Der Bundesschulsprecher Harald Zierfuß möchte keine überstürzte Überarbeitung, sondern hofft, „dass die Zentralmatura einfach einen Feinschliff bekommt“. (derStandad.at)
Auf jeden Fall sollten die Überlegungen von Prof. Konrad Paul Liessmann zum Thema Zentralmatura und Kompetenzen gehört werden, die er im gestrigen Standard-Interview ausführte:

„Ich würde das zumindest nicht ausschließen. Kompetenzorientierung tötet systematisch jede Neugier, sie erlaubt es nicht, sich mit Fragen inhaltlich auseinanderzusetzen, sondern trainiert nur
isolierte formale Fähigkeiten. Wer nur Lesekompetenz erwerben soll, ohne dass ihm je überzeugend klargemacht wird, welche lesenswerten Bücher es gibt, wird wenig Freude am Lesen haben und diese
Kompetenz bald wieder verlieren. Das ist eigentlich Betrug an jungen Menschen, denen das Beste unserer Kultur vorenthalten wird. Die Zentralmatura dokumentiert nur diese Misere, und sie erlaubt
weder Lehrern noch Schülern, besondere Interessen oder Schwerpunkte zu demonstrieren. Wer das Mittelmaß zum Maßstab macht, wird eben immer nur Mittelmaß produzieren. Das zeigt auch, dass die
wahren Bildungsverweigerer mitunter in den Zentren der Bildungsbürokratie und in den Reformkommissionen sitzen.“

ms