Kommentar von Manfred Sparr. Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Unabhängigen Bildungsgewerkschaft/UBG www.dieubg.at.
Zuerst:
Eine öffentliche Bewertung von Personen, egal ob Taxifahrer*innen, Kellner*innen, Verkäufer*innen, Äzte oder Lehrer*innen, ist immer eine heikle Sache, die genau geprüft werden muss – offen und
kritisch, damit es nicht zu Ungerechtigkeiten gegenüber einer Personengruppe oder einzelnen Betroffenen kommt. Das trifft übrigens auch auf Firmen, Institutionen, Vereine usw. zu.
Aber eine seriöse APP, die den Kunden, Patienten, Schüler*innen usw. die Möglichkeit zur Bewertung und/oder eine Weitergabe ihrer
Erfahrungen bietet, bringt in den allermeisten Fällen beiden Seiten Vorteile.
Das zeigen die Erfahrungen mit den vielen angebotenen Bewertungs-APPs.
Wir werden uns damit abfinden müssen, dass auch die Bildungsinstitutionen und damit ihr Personal von den Lernenden und ihren Eltern öffentlich bewertet werden. Eine seriöse APP, die die
rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt, kann durch Anzeigen und Klagen nicht verhindert werden.
Und das ist gut so.
Um was geht es?
Laut einer Ankündigung soll am 15. November eine Handy-App vorgestellt werden, mit der Schüler*innen ihre Lehrer*innen online bewerten können. Bisher gibt es noch keine Informationen darüber, wie
die Bewertungsplattform im Detail funktioniert.
GÖD reagiert unprofessionell und imageschädigend auf die Ankündigung der Bewertungs-APP
Bereits die bloße Ankündigung, dass am 15. November eine neue App zur Bewertung von Pädagog*innen durch Schüler*innen präsentiert wird, versetzt die türkis/schwarze Lehrergewerkschaft in helle
Aufregung.
Bevor die GÖD-Gewerkschafter auch nur einen einzigen Hinweis darauf haben, wie die neue APP funktioniert, droht der oberste Lehrergewerkschafter Kimberger im Kurier damit, „alle rechtlichen
Möglichkeiten aus[zu]schöpfen, um diese App zu verhindern“.
Vor der Präsentation und einer ersten Analysemöglichkeit der APP, kann Kimberger & Co. noch nicht wissen,
welche Ziele die APP-Betreiber verfolgen,
- ob die APP als seriös eingestuft werden kann oder eben nicht,
- welche Qualitätssicherungs- und Sicherheitsstandards die Persönlichkeitsrechte schützen und Missbrauch, Vernaderung oder Verunglimpfung verhindern sollen,
- ob Bewertungsfilter eingesetzt werden, um Mehrfachbewertungen in kurzer Zeit durch denselben Nutzer, dieselbe Nutzerin zu verhindern,
- welche Nutzungsregeln beim Verfassen der Erfahrungsberichte definiert sind,
- ob nur registrierte Nutzer*innen Bewertungen abgeben können,
- welche statistischen Verfahren verwendet werden, um die Aussagefähigkeit der Gesamtbewertung interpretieren zu können,
- ob die Bewerteten per Mail über neue Bewertungen informiert werden, wenn sie das wollen,
- ob den Pädagog*innen eine Kommentarfunkt zu den Bewertungen zur Verfügung steht,
- ob durch gut sichtbare Symbole neben der Bewertung jederzeit eine zweifelhafte Bewertung gemeldet werden kann und
- die nach Prüfung des Betreibers auf missbräuchliche Verwendung der Bewertungsfunktion der Eintrag gelöscht wird.
Von einer seriösen Lehrervertretung darf wohl erwartet werden, dass sie sich zuerst ordentlich informiert, bevor sie mit großem Geschütz und Getöse ins Blaue ballert.
Genau diese hysterischen und reflexartigen Reaktionen der schwarzen Lehrergewerkschafter in der GÖD, gegen alles was zu mehr Transparenz, offenem Diskurs im Zusammenhang Schule und Unterricht
beitragen könnte, sind mitverantwortlich für die aktuellen Imageprobleme der Lehrer*innen und die negative „Mundpropaganda“.
Imageschaden, die Folge der Kimberger`schen Drohgebärden
Die Folge der Kimberger`schen Drohgebärden können einfach aus den Kommentaren zu den entsprechenden Medienberichten abgeleitet werden: „Typisch Lehrer! Jeder, ob Ärzte, Kellner*innen usw. werden
beobachtet und bewertet. Nur die Lehrer dürfen tun und lassen was sie wollen! Rückmeldung unerwünscht!“
Eine Chance für Lehrer*innen
Die Schule kann sich dieser modernen Form der Kontrolle und Bewertung auf Dauer nicht entziehen. Die Tatsache alleine, dass sich die allermeisten Lehrpersonen regelmäßig von ihren Schüler*innen
evaluieren lassen, reicht nicht aus. Die Rückmeldungen werden auch durchaus als Grundlage für die Qualitätssicherung oder -verbesserung ihres Unterrichtes gesehen. Außer bei ein paar
„Beratungsresistenten“, funktioniert das heutzutage sehr gut. Hauptsächlich schulintern. Was dabei meist fehlt, ist die Transparenz, die zumindest partielle Öffentlichkeit und die Bereitschaft
zum offenen Diskurs und der offenen Kommunikation. Aber genau diese Öffentlichkeit schafft Vertrauen und stärkt das positive Image.
Lehrende sind keine Privatpersonen, die von der Öffentlichkeit unkontrolliert entscheiden können, wie sie ihren Job machen. Sie sind nicht nur ihren Vorgesetzten verantwortlich, sondern vor allem
auch den anvertrauten Kindern und Jugendlichen, für deren Entwicklung und Wohlergehen ihre Arbeit maßgebend ist. Und selbstverständlich sind sie auch den Eltern, die ihnen ihre Kinder
anvertrauen, Rechenschaft schuldig.
Das Vertrauen an die Selbstkontrolle der Institutionen, nicht nur der Schule, ist in der Öffentlichkeit stark ramponiert. Und die reflexartige Abwehrreaktion gegen jegliche Maßnahme, die mehr
Transparenz und ein Mitreden bietet, befeuert das Misstrauen.
Bewertungs-APP eine Chance, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen
Das angekündigte APP, das Schüler*innen die Bewertung ihrer Lehrer*innen ermöglicht, kann, wenn es gut ist, einen wichtigen Beitrag für eine glaubwürdige Transparenz bezüglich der
Qualitätssicherung der Bildungssysteme leisten. Und damit wieder ein stabiles Vertrauen in die Institution Schule aufbauen.
Die Erfahrungen des Autors zeigen, dass entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass im Internet nur „genörgelt“ wird, die diversen Bewertungsplattformen ein überwiegend positives Feedback
verzeichnen.
Der Versuch eine seriös betriebene Plattform juristisch zu verhindern, wird höchstwahrscheinlich nicht funktionieren
Ob eine Bewertungs-APP von Lehrer*innen erfolgreich ist oder nach einem kurzen Boom wieder aus dem Netz verschwindet, hängt davon ab, ob sie rechtlich korrekt und seriös aufgestellt ist. Also
Vernaderung, Missbrauch und Verunglimpfung durch den Algorithmus und die professionelle Betreuung der APP verhindert wird. Was voraussetzt, dass jeder der eine Bewertung durchführen will, sich
registrieren muss, die bewerteten Lehrer*innen die Möglichkeit haben einzelne Bewertungen zu kommentieren und dass unseriöse Kommentare – nach einer Prüfung – auch gelöscht werden können.
Eine weitere Voraussetzung für das Gelingen der geplanten Bewertungsplattform ist die Bereitschaft der Mehrheit der Lehrer*innen (auch ihre gewerkschaftliche Vertretung) und der Schulverwaltung,
sich auf das moderne Instrument der Öffentlichkeitsarbeit positiv aktiv einzulassen und die Schüler*innen und Eltern die Möglichkeit nutzen ihre positiven und/oder negativen Erfahrungen
mitzuteilen – im Sinne einer seriösen Information für alle Interessierten.
Dann ist die Chance groß, dass die Bewertungen, zumindest im Durchschnitt real und fair sind. Dann wird die APP angenommen und wird breite Akzeptanz erfahren. Bei Schüler*innen und Lehrer*innen.
ms
Hinterlasse einen Kommentar