Paul Kimbergers Epilog als Prolog zur Veröffentlichung seiner Antwort auf Timo Brunnbauers Mail an ihn, den Vorsitzenden der ARGE Lehrer in der GÖD.
Kimberger: „P.P.S. Man darf gespannt sein, ob du den Mut und die Fairness aufbringst, auch meine Darstellung in euren Medien zu veröffentlichen.“
Gerne veröffentlicht die Redaktion der öli-ug.at Paul Kimbergs Antwort an Timo Brunnbauer. Nicht nur weil „Mut“ und „Fairness“, neben der parteipolitischen Unabhängigkeit, wesentliche
Alleinstellungsmerkmale (USPs) der ÖLI-UG in der österreichischen Lehrergewerkschaft sind.
Paul Kimberger, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschullehrer (GÖD) und Vorsitzender der ARGE Lehrer in der GÖD, wurde wegen seiner Aussagen in einem
Interview im Kurier heftig kritisiert. Unter anderem fordert er „spürbare Konsequenzen für Eltern, die sich nicht an der Bildungsbiografie ihrer Kinder beteiligen wollen“. Das könne
beispielsweise „durch eine Kürzung der Kinderbeihilfe“ erfolgen.
Timo Brunnbauer (ÖLI-UG) teilte darauf hin Paul Kimberger sein Missfallen darüber per Mail mit.
siehe:
„Heftige Kritik an schwarzem Lehrer_innenvertreter Kimberger“ und
„Bildungsminister Faßmann erteilt Kimbergers Elternsanktionsideen
eine Abfuhr“
Lieber Timo,
herzlichen Dank für dein E-Mail vom 15. Februar 2019, das ich doch mit einigem Erstaunen gelesen habe. Dein „Fremdschämen“ kann ich beim besten Willen genauso wenig nachvollziehen wie deine
eigenartigen Schlussfolgerungen. Für mich stehen in dieser Sache folgende Punkte im Vordergrund:
·Die ersten sechs Lebensjahre eines Kindes dürfen pädagogisch nicht (mehr) ausgeblendet werden, weil in dieser Zeit schon oft so viele Lebenschancen verloren gehen, die später auch mit den
besten didaktischen Konzepten und höchstem pädagogischem Aufwand nur mehr sehr schwer aufgeholt werden können. Der Raum für Kompensation ist erfahrungsgemäß schmal, daher brauchen wir weit mehr
und vor allem auch bessere Förderangebote schon vor dem Schuleintritt der Kinder.
·Bei etwaigen Defiziten ist möglichst früh eine detaillierte und fachlich fundierte Information der Eltern sowie eine stärkere Sensibilisierung auf ihre Fördermöglichkeiten im Bereich der
Frühkind- und Elementarpädagogik notwendig und wünschenswert. Nehmen Eltern dann qualifizierte Unterstützungs- und Förderangebote in Anspruch, könnte das im Sinne eines Anreizsystems analog dem
„Mutter-Kind-Pass“ mit höheren Transfer- oder Sachleistungen honoriert werden. Sollten Eltern aber eine Kooperation grundsätzlich ablehnen – bedauerlicherweise gibt es auch solche – und damit die
Entwicklungschancen ihrer Kinder vermindern, braucht es wahrscheinlich spürbare Konsequenzen, um eine Verhaltensänderung im Sinne der Verantwortung gegenüber ihren eigenen Kindern (und auch
gegenüber anderen! … darüber müsste man vielleicht auch einmal reden) herbeizuführen. In diesen scheinbar aussichtslosen Fällen könnten als „Ultima Ratio“ dann auch einmal zeitlich befristet
Transferleistungen eingefroren werden.
·Unter dem Motto „lieber früher investieren, als später teuer reparieren“ könnten in weiterer Folge frei werdende finanzielle Mittel in pädagogisch sinnvolle Maßnahmen für unsere Kinder
investiert werden. Ein Beispiel wäre hier die notwendige Doppelbesetzung in Volksschulklassen, vielleicht auch unter Heranziehung eines klugen Chancenindexes. Die Tatsache, dass der
Entwicklungsunterschied von Kindern bei Schuleintritt wissenschaftlich belegt schon drei Jahre und mehr beträgt, lässt mich jedenfalls nicht gleichgültig bleiben.
Mir geht es also vor allem um mehr und bessere Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Kinder (und hier ganz besonders für jene, die benachteiligt sind und unsere ganz besondere Aufmerksamkeit
brauchen) und die gilt es auch aus entwicklungspsychologischen Gründen ab den ersten Lebenstagen bestmöglich zu gestalten und unterstützend zu begleiten. Wenn du das nicht willst, was mir sehr
leid täte, dann musst du dich wohl weiterhin „fremdschämen“.
Mit gewerkschaftlichen Grüßen
Paul Kimberger
P.S. Die mediale Berichterstattung hat wieder einmal einen komplexen Sachverhalt sehr verkürzt dargestellt, was für die Sache selbst natürlich nicht dienlich ist.
P.P.S. Man darf gespannt sein, ob du den Mut und die Fairness aufbringst, auch meine Darstellung in euren Medien zu veröffentlichen.
Paul Kimberger
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