Ein Kommentar von Reinhart Sellner auf die Beiträge „BM Sonja Hammerschmid auf ihrer FB-Seite zum Sieg von Donald Trump“ vom 09. November 2016 und „Ich bin allerdings auch wütend auf
dieses politische System ….“ vom 10. November 2016
Sonja Hammerschmid hat uns ÖLI-UGs keinen Fehdehandschuh hingeworfen.
Die für Bildung und Schule verantwortliche SPÖ-Ministerin hat auf ihrer FB-Seite Stellung zum Sieg von Donald Trump bezogen, ihre Haltung begründet und einen Auftrag an sich selber und an die
regierenden SozialdemokratInnen formuliert: „Der Erfolg des Populisten Trump sollte uns hier in Österreich eine Warnung, aber vor allem ein Auftrag sein, mit vollem Einsatz für die Menschen zu
arbeiten, den ÖsterreicherInnen zu dienen und für alle Probleme, die wir angehen müssen, an echten Lösungen zu arbeiten.“
Diskussionsanstoß und Handlungsimpuls
Sonja Hammerschmieds Warnung und Aufforderung richtet sich „hier in Österreich“ auch an die SPÖ, die „echte Lösungen“ seit Jahrzehnten zugunsten neoliberaler „Sachzwänge“ und/oder aus Rücksicht
auf die ÖVP vernachlässigt hat, auch im Bildungsressort. Diese Versäumnisse nennt die Ministerin nicht beim Namen, konkrete Hinweise auf soziale und demokratische Problemlösungen fehlen. Ihren
facebook-Eintrag lese ich auch nicht als budget- bzw. bildungspolitische Bestandsaufnahme, sondern als öffentliche Meinungsäußerung, als – hoffentlich – wirksamen Diskussionsanstoß und
Handlungsimpuls für gelebtes soziales und demokratisches Engagement von PolitikerInnen und – das ergänze ich – ebenso von ihren WählerInnen.
Keine blinde Wut, sondern gut begründeter, „heiliger“ Zorn …
Wut ist ein schlechter Ratgeber, ohnmächtige Wut ist der Treibsand, auf dem Populisten und ihre Geldgeber ihre Allmacht begründen wollen. Wutausbrüche bringen augenblicklich Erleichterung,
selbstbewusstes solidarisches Handeln schaut anders aus. Ich denke, das Wutbürgern in Leserforen und sozialen Medien und das aufgeregtes Skandalisieren von Missständen, das Skandalisieren „der
Politik“ und „des Systems“ war und ist die massenwirksame Waffe der Rechten. Wir stehen fürs Nachdenken, für Aufklärung und fürs gemeinsame Finden und solidarische Ausweiten von individuellen,
beruflichen, gewerkschaftlichen und politischen Handlungsräumen. Nicht „gut“ oder „böse“ entlarven, sondern die widersprüchliche, komplexe Realität begreifen, in der wir leben und Widersprüche
zum Tanzen bringen, darum geht es, wenn wir kinder- und menschenfreundliche, demokratische und soziale Veränderungen anstoßen und weitertreiben wollen. Keine blinde Wut, sondern der gut
begründete, „heilige“ Zorn auf Verursacher und Nutznießer von Krise, Krieg und Not kann tagtäglich zu sozialem und demokratischem Tun motivieren, illusionslos und optimistisch, trotz alledem.
Schulverwaltungsreformverhandlungen mit hohem Risikofaktor
Das nächste Kapitel der sogenannten Schulverwaltungsreform ist derzeit in Verhandlung. Ob „die Schule“, insbesondere die Landes-APS und BS, Schulen oder Schulverbünde von
Kleinschulen/Cluster, ausreichende Ressourcen und mehr Eigenverantwortung bekommen, unabhängig vom Gutdünken des BI oder LSR/SSR und der machtbewussten Landeshauptmänner, ob es den dazu
notwendigen Ausbau der Personalvertretungsrechte und der Mitbestimmungsrechte von LehrerInnen + Schulpersonal, von Eltern + SchülerInnen geben wird, oder eine von ÖVP-Finanzminister +
ÖVP-Landeshauptleutengewünschte „Reform“ auf Kosten der LehrerInnen und ihrer SchülerInnen und zu einer weiteren Aushöhlung der vorhandenen Reste von Schuldemokratie, ist noch nicht entschieden.
Auch wenn vieles dafür spricht. Ob´s dabei bleiben wird, welche Änderungen möglich werden (bis zur SPÖ-ÖVP-Nicht-Einigung vgl. Mindestsicherung) ist noch nicht fix.
PS: Bei Schiller endet die Handschuh-Ballade mit einer harschen Ansage des bis grad noch verliebten Ritters an die zickige Dame, für die er in den Löwenzwinger gestiegen ist:
Und gelassen bringt er den Handschuh zurück.
Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde,
Aber mit zärtlichem Liebesblick –
Er verheißt ihm sein nahes Glück –
Empfängt ihn Fräulein Kunigunde.
Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht:
»Den Dank, Dame, begehr ich nicht!«
Und verläßt sie zur selben Stunde.
Wir haben weder Schloss noch leibeigene Bauern als ritterlich-edlen Ausweg aus der österreichischen Schulrealität. Wir arbeiten in unserem Unterricht, an den Schulen, in der Gewerkschaft und in
aller Öffentlichkeit für eine demokratische, kinder- und menschenfreundlichere Schule.
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