Schule für alle: so denken die Parteien über Inklusive Bildung
Inklusive Bildung nimmt eine Schlüsselrolle für die Umsetzung von Inklusion an, ist Voraussetzung für eine Inklusive Arbeitswelt und selbstbestimmtes Leben.
„Im Bereich der Inklusiven Bildung driften die Ansichten der Parteien weit auseinander. SPÖ und GRÜNE fordern die Umwandlung der Sonderschulen in Regelschulen und betrachten Bildung als Schlüssel
für eine erfolgreiche Inklusion. Die ÖVP fördert die Segregierung, indem sie Begabten-Förderung und statt Inklusion den klassischen Integrations-Ansatz in den Vordergrund stellt. Hier wird
Chancengleichheit im Bereich Bildung nur im Sinne der Subsidiarität gewährleistet, was bedeutet, dass Schule nicht für alle da ist. Die NEOS dagegen sehen Schulen als Ort chancengerechter
gesellschaftlicher Durchmischung. Die FPÖ hält an der Aufrechterhaltung von Sonderschulen fest und beruft sich auf das Argument der Wahlmöglichkeit, lehnt jedoch auch die Gesamtschule für 10- bis
14-Jährige ab“, analysiert Lebenshilfe-Generalsekretär Albert Brandstätter, „hier können turbulente Zeiten auf uns zukommen, insbesondere schwarz-blau würde eine Bremse für die Schule für alle
bedeuten.“


Arbeit muss bezahlt werden: Forderung nach regulären Arbeitsverhältnissen
Erwachsene Menschen mit Behinderungen arbeiten noch immer für ein Taschengeld ohne sozialversicherungsrechtliche Absicherung.
„Die Selbstvertreterinnen und Selbstvertreter der Lebenshilfe fordern voll sozialversicherungspflichtige Stellen, auch in den Werkstätten. Auch wenn laut ÖVP die Integrative Berufsausbildung und
Teilqualifizierung ausgebaut werden soll, die Erhöhung von Taschengeld für Menschen mit Behinderungen, die in Werkstätten arbeiten, geht an der Forderung nach regulären Arbeitsverhältnissen
deutlich vorbei. Diese wirkt dem Inklusionsgedanken und der Durchlässigkeit des Arbeitsmarktes entgegen. Als Diskriminierungsschutz im Bereich Arbeit fordern die GRÜNEN eine Reform der
Ausgleichstaxe und schlagen eine eigene AMS-Zielgruppe `Menschen mit Behinderungen´ vor. Die SPÖ will für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen mehr Budget zweckgewidmet sichern und
Unternehmen unbürokratisch unterstützen. Die NEOS plädieren für die Einführung von Teilarbeitsfähigkeit, so können jene Menschen selbstbestimmter arbeiten, die nicht zu 100% arbeitsfähig sind und
entlasten dabei noch den Sozialstaat. Im Wahlprogramm der FPÖ finden sich keine Vorschläge dazu. Gemessen an den Wahlprogrammen hoffen wir, dass es in der nächsten Zeit deutliche Fortschritte im
Bereich der Inklusiven Arbeitswelt geben wird, das wäre auch volkswirtschaftlicher. Mischformen, beispielsweise kleine Angestelltenverhältnisse zusätzlich zur Arbeit in den Werkstätten, werden
sich verstärkt etablieren können, wenn Bund und Länder gemeinsam an der Sache arbeiten“, unterstreicht Brandstätter.


Persönliche Assistenz für alle, die sie brauchen?
Derzeit wird Persönliche Assistenz nicht für alle gewährleistet, die Unterstützung im Beruf, im Alltag und in der Freizeit brauchen um selbstbestimmt in allen Lebensbereichen handeln zu
können.
„Der Bedarf an Persönlicher Assistenz wird von den Parteien neuerdings mehrheitlich wahrgenommen, die Notwendigkeit der bundeseinheitlichen Regelung sowie die Ausweitung auch für Menschen mit
intellektuellen Behinderungen wird dabei speziell von der SPÖ und den GRÜNEN gefordert. Die ÖVP spricht sich für Persönliche Assistenz auch in der Freizeit aus, die FPÖ äußert sich nicht explizit
zu diesem Thema. Die NEOS machen ebenso keine direkte Aussage dazu, sprechen allerdings von BürgerInnen-Geld, das die Selbstbestimmung des Einzelnen fördert und die Persönliche Assistenz für alle
die sie brauchen finanzieren könnte. Eine Konsensfindung scheint in diesem Bereich in Zukunft möglich, hier erwarten wir uns keine großen politischen Wiederstände“, schlussfolgert Regina
Senarclens de Grancy, zuständig für Inklusionspolitik und Innovation bei der Lebenshilfe, aus den Wahlprogrammen.


Pflegegeld: Jährliche Wertanpassung ist notwendig
„Damit das Pflegegeld zumindest im derzeitigen Wert erhalten wird, muss es jährlich mit der Inflation erhöht werden. Durch Nicht-Anpassung kam es in den letzten Jahren zu deutlichem Wertverlust,
das heißt zu deutlichen Abstrichen bei der Versorgung pflegebedürftiger Personen. Selbst FPÖ etwa fordert dies schon länger, gescheitert ist das Vorhaben stets am Finanzministerium. Die NEOS
schlagen sogar einen neuen Pflegefonds vor. Generell wollen alle Parteien bis auf die ÖVP die jährliche Wertanpassung des Pflegegeldes“, erläutert Brandstätter.
Wir freuen uns über die Forderungen von SPÖ und GRÜNEN , die Pflege auf eine solide finanzielle Basis zu stellen und das Pflegegeld für schwerstbehinderte Kinder anzuheben.


Einfache Sprache: So verständlich sind die Wahlprogramme der Parteien
Damit alle Österreicherinnen und Österreicher sich über die Ziele der wahlwerbenden Parteien informieren können, braucht es Informationen in einfacher Sprache. Das bedeutet einerseits die leicht
verständliche Ausdrucksweise, andererseits die Layoutierung in großer Schriftart und ohne Kontraste.
„Im Bereich einfache Sprache nehmen wir allgemein eine positive Entwicklung wahr. Waren bislang die Grünen Vorreiter in der Veröffentlichung von Informationen in einfacher Sprache, ist das
Bewusstsein für deren Notwendigkeit heuer erstmals bei mehreren Parteien zu beobachten. Das Programm der NEOS ist klar zu lesen, es liegt auch eine Leichter Lesen-Version des Wahlprogramms vor.
Die GRÜNEN haben sowohl einen gut strukturierten Schriftsatz wie sogar mehrere Varianten von Leichter Lesen-Versionen, beispielsweise auch eine Version in Braille-Schrift. Das Programm der FPÖ
ist in einfacher Sprache gehalten und auch formal gut zu lesen. Auch die ÖVP verwendet eine klare Sprache, allerdings ist das Programm an vielen Stellen schwer zu lesen, etwa wenn kleine Schrift
in weiß auf gelb oder in weiß auf türkis gedruckt sind. Die SPÖ hält sich an Formulierungen in einfacher Sprache, die Schrift ist dagegen eher klein und mit unübersichtlicher Graphik
ausgestaltet. Das Bewusstsein für klare, einfache Sprache wächst, allerdings ist sicher, dass die Wahlprogramme nicht allen Österreicherinnen als gute Wahlinformationen dienen“, fasst
Brandstätter zusammen.