Auf Onlineportalen der AfD sollen Schüler/innen und Eltern Lehrer/innen melden, die im Unterricht gegen die Partei Haltung beziehen. Damit stellt die AfD die Pädagog/innen unter Generalverdacht.
Eine ausführliche Analyse über die neuen AfD-Onlineportale von Tilman Steffen und Judith Luig in die zeit.de. Titel des Berichts: AfD-Lehrer-Pranger – Verpetz deine
Lehrer
Lehrer passt auf, was ihr im Unterricht sagt!
Die Aktion wird unter dem Titel „Informationsportal Neutrale Schulen“ von der AfD vermarktet. Die Botschaft der AfD mit ihrem Online-Lehrer-Pranger ist klar: Lehrer und Lehrerinnen passt
auf, was ihr im Unterricht sagt! Die AfD ruft Schüler/innen und Eltern auf Lehrer/innen zu verpetzen, die sich im Unterricht kritisch zur AfD äußern. Seit September ist das Vernaderungsportal der
AfD-Fraktion in Hamburg im Internet aktiv. Geplant sind weitere entsprechende Portale der AfD Berlin, Brandenburg, Bayern, Bremen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Angedacht wird in manchen
landesorganisationen, dass zukünftig auch die Namen der Lehrer/innen veröffentlicht werden.
Eifert die AfD der FPÖ in Oberösterreich nach?
Bereits im März 2017 machte die FPÖ in Oberösterreich von sich Reden, als sie mit ihrem Vernaderungsportal (aktuell nicht mehr aktiv) gegen die Lehrerschaft mobil machte. Die FPÖ in
Oberösterreich hat eine „Meldestelle“ eingerichtet, an die anonym und online Vorfälle mitgeteilt werden können, wenn jemand glaubt, dass Lehrer/innen Parteien gegenüber – gemeint ist selbstredend
die FPÖ – nicht entsprechend ihrer „rechten Ideologie“ objektiv sind.
Wie die AfD heute, argumentierte auch die FPÖ vor über eineinhalb Jahren die Einrichtung dieser Meldestelle damit, dass sie – die rechtschaffenden, die sich laut Selbstdefinition als einzige
politische Partei um die besorgten und alleingelassenen Bürger/innen kümmern – den freien Diskurs stärken und die Demokratie fördern. De facto wird das genaue Gegenteil erreicht (bezweckt?).
Nämlich Angst davor, seine Meinung zu äußern.
Um politische Indoktrination im Unterricht zu verhindern, braucht es keine FPÖ oder AfD
Die rechtspopulistischen Parteien in Österreich und Deutschland wollen mit den „Meldestellen“ ein „Neutralitätsgebot“, vor allem im Fach „Politische Bildung“ einfordern. Für Politische Bildung
gibt es aber kein „Neutralitätsgebot“. Der Unterricht hat vielmehr kontrovers zu verlaufen, das ist ein wesentlicher Unterschied. Es beinhaltet das Abbilden von Kontroversen aus Politik und
Gesellschaft im Unterricht ebenso, wie auch das Zulassen und Fördern von Gegenpositionen und deren Begründung – mitunter auch die Offenlegung persönlicher Meinung. Der Grundsatzerlass für
politische Bildung regelt das explizit: Kontroversitätsgebot, Überwältigungsverbot und TeilnehmerInnenorientiertheit sind die altbekannten Grundprinzipien für den Unterricht.
Beutelsbacher Konsens
Grundlage für die Beurteilung, ob eine Lehrperson durch ihren Unterricht die Schüler/innen unkorrekt politisch ideologisch beeinflusst, entscheidet jedenfalls keine Partei, sondern ein von
deutschen Linken und Konservativen hart erstrittener Grundsatz, der seit mehr als fünfzig Jahren gilt: der Beutelsbacher Konsens, stellt Marchart zu Beginn seiner Analyse (Handreichung für
Lehrer/innen des Zentrums für Politische Bildung der PH Wien: „Was darf Politische Bildung?“) klar. Dieser besage, dass Lehrer ihren Schülern keine Meinung anerziehen dürfen
(Überwältigungsverbot), dass Themen kontroversiell unterrichtet werden müssen (Kontroversitätsgebot) und dass Schüler im politischen Prozess eigene Entscheidungen treffen können sollen
(Interessenorientierung). (>>> Artikel „Politisch neutraler Unterricht im Fach Politische Bildung? Geht doch gar
nicht! Und ist auch nicht sinnvoll.“)
weitere Artikel dazu:
„FPÖ-Vernaderungs-Online-Plattform. Einfach irre!“ 31.03.2017
„FPÖ-Vernaderungs-HP: ÖLI-UG fordert GÖD OÖ zur öffentlichen Stellungnahme auf. Vergeblich!“ 08.04.2017
„Parteipolitische Einflussnahme der FPÖ auf Schulen immer dreister“ 09.04.2017
„FPÖ-Vernaderungs-HP: Scharfe Kritik des Mauthausen-Komitees“ 10.04.2017
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