UGÖD zum Weltfrauentag 2021

Frauen: 85% der Arbeitslosen, 14% weniger Lohn – echte Gleichstellung jetzt!

 

In der Berichterstattung „vergessen”

 

In Österreich leben mehr Frauen als Männer – um genau zu sein: 50,8 Prozent der österreichischen Bevölkerung sind weiblich. Deshalb macht es mich aus Anlass des Weltfrauentages noch mehr wütend
als sonst, dass in der Dauerberichterstattung zur Pandemie seit einem Jahr Frauen kaum vorkommen.

 

Sie haben sich als Systemerhalterinnen im Jahr 2020 offensichtlich nicht mehr als Applaus verdient – über höhere Löhne oder über eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem
Lohnausgleich will weder die Bundesregierung noch sonst ein Arbeitgeber reden.

 

Unter den vielen Menschen, die im Verlauf des Jahres 2020 ihre Arbeit verloren haben, waren 85 Prozent Frauen! Das Budget des AMS wurde seit dem COVID-19-Ausbruch auf 7 Milliarden Euro erhöht. 63
Prozent aller Mittel für die Kurzarbeit gingen an Männer und nur 37 Prozent wurden für Frauen eingesetzt. Arbeitsminister Kocher hat in der letzten Woche davon gesprochen, dass die Fördermittel
des AMS für Frauen 2021 von 55 Millionen Euro auf 60,5 Millionen Euro erhöht werden. Diese Erhöhung um nur 5,5 Millionen Euro nennt der Arbeitsminister „so viel Geld wie noch nie zuvor für die
berufliche Förderung von Frauen!“

 

Höhere Bildung, weniger Lohn

 

In Österreich schließen mehr Frauen als Männer ein Studium ab und trotzdem finden wir in den Universitätsleitungen und in der Welt der Wissenschaften kaum Frauen. Mehr als 45 Prozent aller
Unternehmensgründungen in Österreich erfolgen durch Frauen und trotzdem sprechen in der Politik und in der Wirtschaftskammer überwiegend Männer über die notwendige Rettung „DER Wirtschaft“. Seit
Ausbruch der Pandemie wurden 62 Milliarden Euro in Österreich zur Rettung „DER Wirtschaft“ eingesetzt. Wird je der Tag kommen, an dem ganz transparent offengelegt wird, wieviel davon Frauen und
wieviel Männer erhalten haben?

 

Frauen in Österreich nehmen Bildungsangebote an, schließen erfolgreich ihre Ausbildungen ab und setzen sich auch im Berufsleben durch. Die geforderte Quote an Frauen in Aufsichtsräten konnte
leicht und in kurzer Zeit umgesetzt werden, weil genug fähige Frauen in der österreichischen Arbeitswelt dafür vorhanden sind. Frauen haben sich im Verlauf der COVID-19-Krise höchst flexibel
eingestellt auf Homeoffice oder haben mit erhöhtem Risiko für ihre Gesundheit die Arbeitsleistung im Betrieb weiterhin erbracht. Sie haben das Homeschooling ihrer Kinder mit übernommen und die
Angehörigenpflege unter erschwerten Bedingungen. Von den zwei Dritteln unbezahlter Hausarbeit, die Frauen sonst auch regelmäßig erbringen, wurde ihnen nichts nachgelassen oder gar abgenommen. Die
hinlänglich bekannte Mehrfachbelastung musste durch Vielfachbelastung von Frauen ersetzt werden! Und vielfach haben Frauen auf ihren Arbeitsplatz verzichtet, weil staatliche Strukturen keine
Flexibilität zeigten.

 

Lösungen wären längst möglich

 

Das muss nicht so bleiben! Die Kinderbetreuung und pädagogische Bildungsangebote für alle Altersstufen können ausgebaut werden. Das bringt für Frauen Erleichterungen und Arbeitsplätze. Schulen
können mit Luftreinigungsanlagen ausgestattet werden. Öffentliche Gebäude, Seminarhotels und Kongresshallen, die nicht benutzt werden können während der Pandemie, können in der Krise als
Ersatzklassen dienen. Sobald die Temperaturen es zulassen, kann Unterricht im Freien stattfinden. Die längst notwendigen Schulreformen können umgesetzt werden und eine gemeinsame Pflichtschule
bis zum Abschluss der 9. Schulstufe kann auch in ganztägiger Form geplant werden. Wenn – wie bisher nach jeder Krise – die Bauwirtschaft in Schwung gebracht werden muss, bietet sich der Neu- und
Umbau von Schulen als Ganztagsbildungseinrichtungen geradezu an.

 

Dann können auch Frauen ihre großartigen Fähigkeiten in das österreichische Wirtschaftsleben einbringen und sich beruflich entfalten oder auch politisch verstärkt einbringen. Der angekündigte
„New Green Deal“ ist sicher so eine Sache, in der viele Frauen neue berufliche Chancen finden werden. „Green Jobs“ werden vielen Frauen neue Perspektiven zum Eintritt in die Arbeitswelt eröffnen.
Da sich „nach Corona“ alles verändern muss in unserem Land, schlage ich vor, dass die Bundesregierung nicht zuerst die Bauwirtschaft anwirft, sondern ein Raumordnungskonzept für ganz Österreich
entwirft, das zuallererst weiblichen Bedürfnissen entspricht und Arbeitsplätze für Frauen schafft. Bisher war Österreich wirtschaftlich recht erfolgreich. Wie erfolgreich kann dieses Land erst
werden, wenn nicht mehr auf die Arbeitskraft gut ausgebildeter und vielfach begabter Frauen verzichtet wird!

 

Beate Neunteufel-Zechner

 

Vorsitzende der UGÖD

Vorstandsmitglied der Unabhängigen GewerkschafterInnen im ÖGB

Vorsitzende des Betriebsrates der Nationalbibliothek und der Betriebsrät*innenkonferenz der Bundesmuseen

Mitglied in Leitungsgremien der GÖD- und ÖGB-Frauen

 

Rückfragen: +43 / 681 / 20 90 30 59

beate.neunteufel-zechner@ugoed.at

 

Tags: Beate Neunteufel-Zechner, Prekariat, Doppelbelastung, Altersarmut, Weltfrauentag