Kurier – Jubelbericht unbegründet: ein paar Gedanken über die Mittelschule

 

Kommentar von Renate Brunnbauer


Ich persönlich bin unglücklich über die Wiedereinführung von dauerhaft leistungsdifferenzierenden Lerngruppen.
Ich verstehe KollegInnen, die darin einen Ausweg sehen. Ich verstehe das vor dem Hintergrund den Heidy Schrodt laut Kurier 2016 beschrieben hat. Sie sagte, die Lehrer/innen seien in einem engen
Korsett aus Gesetzen und Verordnungen gefangen und verzweifelten jeden Tag.

 

Die Freude der Tageszeitung Kurier über ihre Berichterstattung und die Folgen ist unangebracht.

 

Es ist zunächst nachvollziehbar, dass sich die JournalistInnen beim Kurier oder auch Frau Direktorin Walach von der Wiener NMS Gassergasse darüber freuen, dass der Bericht über ihr System an
ihrem Standort von Bildungsminister Heinz Faßmann als beispielgebendes Modell für seine Ideen zur Deutschförderung bezeichnet worden ist und auch jetzt wieder Vorbild war.

Die Vorgangsweise insgesamt ist aber – wenn man das genauer betrachtet – kein Grund zur Freude.
Es ist kein Grund zur Freude, wenn eine einzelne Schule die Probleme in der Zeitung publik machen muss, damit sie grünes Licht bekommt für ein schulautonomes System am Standort.
Es ist jetzt – 2 Jahre später – auch kein Grund zur Freude, wenn das Bildungsministerium ein schulautonomes Konzept als Modell für bundesweite Vorgaben hernimmt.

 

Die beste Lösung am Standort ist immer abhängig von den betroffenen und den handelnden Personen.

Also von den Bedürfnissen der betroffenen SchülerInnen und ganz besonders von den Lehrern und Lehrerinnen. So ist es manchmal oder mancherorts zweckmäßig Gruppen zu teilen, manche von uns gehen
lieber den Weg integrativ zu arbeiten.
Das ist in anderen Professionen genauso. Als mein Sohn als Kleinkind eine Herzoperation gebraucht hat, mussten oder durften wir als Eltern entscheiden, welches Herzzentrum das machen sollte. Ich
kann mich noch gut an die Gespräche mit den Linzer Kinderkardiolog/innen erinnern. Ich habe natürlich über Operationsmethoden nachgefragt, wollte die beste Option erfahren. (Was ist ihre
professionelle Einschätzung? Wie würden sie für ihr eigenes Kind entscheiden?) Die Antwort war: Die beste Methode für den Patienten ist jene, die das entsprechende Herzzentrum am besten
kann.
Am besten für die Kinder ist, was die Ärzte und Ärztinnen am Standort am besten können.


Das gilt auch für die Schule.

Für unsere Schüler/innen ist jene Organisationsform am besten, die die Lehrer und Lehrerinnen vor Ort am besten umsetzen können. Wo sie dahinterstehen. Wo sie Sinn darin sehen. Dann wird es
funktionieren.
 Mir ist derzeit unklar, wie groß die Hürden für jene (wenigen) Schulen oder Teams von Fachlehrer/innen in der Praxis sein werden, die sich für eine innere Differenzierung entscheiden
möchten. Wie Stefan Hopmann im Ö1 – Mittagsjournal sinngemäß sagte: Es
werden wieder engagierte Lehrer/innen sein, die die sozial ungünstigen Folgen und Flurschäden in Grenzen halten.

Renate Brunnbauer unterrichtet seit 1991 an der HS, NMS, MS und ist Personalvertreterin auf Landesebene und Vertreterin der Österreichischen
Lehrer/innen initiative (Öli-UG) in den entsprechenden Bundesgremien der GÖD (Bundesleitung APS, Bundeskonferenz, ARGE-LehrerInnen).