Zugegeben:
An den Schock, als das Gerücht kursierte, dass der Mathematiker Taschner von der neuen ÖVP als neuer Bildungsminister nominiert werden könnte, kann ich mich immer noch gut erinnern. Das ist jetzt
zwei Jahre her. Trotzdem läuft es mir bei diesem Gedanken immer noch kalt über den Rücken. Das Entsetzen war so stark, dass mich die Nachricht, Heinz Fassmann werde Bildungsminister dazu
veranlasste, ihn in einem Kommentar zum wahrscheinlich fähigsten Mitglied der neuen türkisblauen Regierung zu küren. Konkurrenzlos im wahrsten Sinn des Wortes – außer Moser vielleicht. Das war
vor über eineinhalb Jahren so. Und mag heute noch so sein. Dies aber nur, weil, was damals wohl niemand erahnen konnte, seine Regierungskolleg*innen ihre Ministergeschäfte erbärmlich schlecht
führen. Fakt ist jedenfalls, nicht einmal die sowieso gedämpften Erwartungen in die zukünftige Bildungspolitik, als der Universitätsprofessor Heinz Faßmann zum Bildungsminister berufen wurde,
wurden bei weitem nicht erfüllt. Ganz im Gegenteil.
Die Lehrergewerkschafter*innen der schwarzen Mehrheitsfraktion sehen das nicht so. Ihre öffentliche Lobhudeleien über „ihren“ Minister sind unüberhörbar und so übertrieben, dass sich unweigerlich
ein Vergleich zur Ära der berühmt berüchtigten BM Gehrer aufdrängt und wie damals der Moderdunst der parteipolitischen Kriecherei in ihren Reihen immer mehr verdichtet.
Aber lesen sie selbst, wie Karl Heinz Gruber, Alt-Ordinarius für Vergleichende Erziehungswissenschaft der Universität Wien, die bisherige Arbeit des Bildungsministers interpretiert. (Redaktion
ms)
Leseempfehlung:
Das Werken von Universitätsprofessor Heinz Faßmann im Bildungsministerium und die erschreckenden Folgen dieses Tuns. Analysiert von Karl Heinz Gruber
„Die geprellten Kinder“
Ein Gastbeitrag von Karl Heinz Gruber in der ZEIT 18/2019
Ein kurzer Auszug:
Nach Jahrzehnten ideologischer Grabenkämpfe und unbefriedigender großkoalitionärer Kompromisse bestand die Hoffnung, dass ein Sozialwissenschaftler an der Spitze des Bildungsressorts nunmehr
jene Herangehensweise praktizieren würde, welche die OECD seit Langem empfiehlt: eine rationale, auf wissenschaftlichen Befunden beruhende Schulreform.
Ein großer Irrtum.
In letzter Zeit hat Faßmann mehrmals demonstriert, dass er weder bereit noch imstande ist, sich von den neoliberalen Scheuklappen zu befreien, die ihm das Regierungsabkommen auferlegt.
Besonders deutlich sichtbar wird dies bei drei bildungspolitischen Flaggschiff-Initiativen, bei denen der Minister wissenschaftliche Evidenz ignoriert und als naiver Vollzugsgehilfe der Vorgaben
der Regierungsspitze agiert: bei der Einführung von Tests zur Prognose der Bildungskarrieren von Volksschulkindern der dritten Klasse; bei der Segregation von Kindern mit nicht deutscher
Muttersprache in separate Klassen, und bei der Tabuisierung einer Reform der Sekundarstufe I.
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