Corona – Massentestung: Teilnahmepflicht für alle Lehrer*innen rechtlich nicht möglich

 

Können alle Lehrer*innen vom Dienstgeber zur Teilnahme verpflichtet werden? Nein, sagt ein Rechtsgutachten.

 

Laut einem Rechtsgutachten von Mag. Astrid Nagel (HEINZLE I NAGEL RECHTSANWÄLTE), das die Unabhängige Bildungsgewerkschaft UBG in Auftrag gegeben hat, können Lehrer*innen, die keine Symptome einer Corona – Erkrankung zeigen und keinen Kontakt zu
erkrankten Personen hatten, nicht zur Teilnahme an einem Screeningprogramm verpflichtet werden.

 

Epidemiegesetz

Laut dem Epidemiegesetz ist im § 5a geregelt, dass – bei Notwendigkeit der Beurteilung der gesetzten Bekämpfungsmaßnahmen, – zur Planung weiterer Strategien oder – zum Schutz bestimmter
Personengruppen oder – zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems Sreeningprogramme bei bestimmten Berufsgruppen durchgeführt werden können, die aufgrund ihrer Berufstätigkeit
einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind. Die Teilnahme ist jedoch freiwillig.

 

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers versus Treuepflicht des Arbeitnehmers:

Bei der Beurteilung, unter welchen Umständen eine verpflichtende Teilnahme an Sreeningprogramme für bestimmte Berufsgruppen möglich ist, müssen neben dem Epedemiegesetz auch noch die gesetzlichen
Regelungen bezüglich der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und der Treuepflicht des Arbeitnehmers betrachtet werden.

 

Auch wenn die Teilnahme an Screeningprogrammen nach dem Epidemiegesetz freiwillig ist, ist zu prüfen, ob sich eine Pflicht zur Corona-Testung aus der sich aus dem Dienstverhältnis ergebenden
Treuepflicht des Arbeitnehmers ergibt.

 

Konkret bedeutet dies, dass das Interesse des Arbeitgebers, eine Verbreitung des Corona-Virus in der Schule zu verhindern und Lehrpersonen und Schüler zu schützen, abzuwägen ist gegenüber den
Rechten des Arbeitnehmers auf Persönlichkeitsschutz (keine unnötigen körperlichen Eingriffe zulassen zu müssen, die u.U. mit Gesundheitsrisiken verbunden sind) und Gleichbehandlung.

 

Zusammenfassend:

Eine Testung im Falle von Krankheitssymptome ist zulässig, da der jeweilige Lehrer im Rahmen seiner Beistandspflicht zur Beseitigung von möglichen Gefahren beizutragen hat. Ob von einem
symptomlosen Lehrer, der in Kontakt mit einem Erkrankten stand, eine Testung verlangt werden kann, ist aus nachfolgenden Gründen zweifelhaft:

  • symptomlose Personen sind unter Umstände gar keine Überträger und
  • spielen nur eine untergeordnete Rolle,
  • die Tests sind – wie ausgeführt – ohne zusätzliche ärztliche Diagnostik nichtzuverlässig,
  • eine falsche Testung hat weitreichende Folgen (Entziehung der körperlichenFreiheit durch angeordnete Quarantänemaßnahme) und
  • durch die Testung werden auch gesundheitliche Risiken eingegangen.

Aufgrund der Pflicht des AN, zur Beseitigung möglicher Gefahren beizutragen und der möglichen dienstrechtlichen Konsequenzen, die allenfalls gerichtlich geklärt werden müssten, empfehle ich
jedoch, die Testung bei Kontakt mit infizierten Personen nicht zu verweigern.

 

Eine Pflicht, sich testen zu lassen, wenn keine Symptome vorliegen und kein Kontakt zu erkrankten Personen bestand, besteht jedoch meiner Ansicht nach nicht. Da diesbezüglich keine Rechtsprechung
vorliegt, könnte sich im Falle einer gerichtlichen Klärung im jeweiligen Einzelfall aber auch eine Verpflichtung zur Testung ergeben.