Es mehren sich Hinweise, dass das automatische Aufsteigen als a.o. SuS abgeschafft werden, das Erreichen der nächsten Schulstufe nur nach einer erfolgreichen Deutschprüfung möglich sein soll.
Geprüft wird einmal pro Semester.
Bisher steht nur fest, dass es in Wien Bestrebungen gibt, Obiges umzusetzen. Eine diesbezügliche Anfrage beim Stadtschulrat für Wien (SSR) gestaltete sich unterhaltsam. Während manche
Vertreter*innen der Schulbehörde von einem Gerücht sprachen, erhielten einige Schulen bereits die Anweisung, ab sofort im Sinne der Änderung zu verfahren.

Grund genug für eine Spekulation von Andreas Chvatal

Viele Probleme der Intergration sind ungelöst. Parallelgesellschaften, Rassismus und Konterrassismus, der Unwille zu verstehen, dass Migration unvermeidlich ist und der Unwille, gewisse
Anpassungsleistungen zu erbringen, um nur die wichtigsten zu nennen. Jahrzehnte der unsachlichen Auseinanderstezung verbunden mit intensivem Wegschauen haben bewirkt, dass viele Probleme unlösbar
scheinen. Viele, bis auf eines, das wurde schon gelöst. Und zwar im Handumdrehen durch den Einsatz von Weitblick und Altruismus. Die allermeisten Kinder, die neu nach Österreich kommen, erlernen
Deutsch innerhalb ihrer ersten zwei Jahre, während derer sie als außerordentliche (a.o.) Schülerinnen und Schüler (SuS) nicht beurteilt werden und trotzdem in der Klasse, in der sie aufgenommen
wurden, bleiben können. Ihr Spracherwerb verläuft somit angstfrei, was von der Sprachwissenschaft eindeutig als Gunstfaktor gesehen wird. Die Sprachwissenschaft liegt offenbar richtig, denn der
Großteil der betreffenden SuS kann nach diesen zwei Jahren ruhigen Gewissens positiv beurteilt werden. Ihre Sprachkenntnisse sind ausreichend, der Weg zum Pflichtschulabschluss und auf den
Arbeitsmarkt steht ihnen offen. Ob sie dort reüssieren können, hängt u. a. davon ab, wie groß ihre noch verbliebenen Defizite sind. Sie unterscheiden sich darin kaum von einer ansteigenden Zahl
ihrer Altersgenoss*innen, deren Mutter- oder Umgangssprache Deutsch ist. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass der Pflichtschulabschluss kein Attest der Defizitlosigkeit ist. Er
ist vielmehr eine Zukunftschance, die bemühten Kindern nur in gut begründeten Ausnahmefällen nicht gewährt werden sollte. 

Verwunderlicherweise mehrten sich Hinweise, dass diese Lösung wieder durch ein Problem ersetzt werden soll. Das automatische Aufsteigen als a.o. SuS soll abgeschafft werden, das Erreichen der
nächsten Schulstufe nur nach einer erfolgreichen Deutschprüfung möglich sein. Geprüft wird einmal pro Semester. Das heißt, fast alle SuS, die erst relativ kurz im Land sind, verlieren mindestens
ein Schuljahr. Zu ihrer schwierigen Situation kommt auch noch die Belastung durch einen Klassenwechsel. Zweimal jährlich Deutschtest bedeutet das Ende der Angstfreiheit. Die Zahl der überaltrigen
SuS wird stark ansteigen.

Handelt es sich hierbei um die politische Handschrift der neuen, rechten Rudermänner der Republik? Möglich! Bisher jedoch steht nur fest, dass es in Wien Bestrebungen gibt, Obiges umzusetzen.
Eine diesbezügliche Anfrage beim Stadtschulrat für Wien (SSR) gestaltete sich unterhaltsam. Während manche Vertreter*innen der Schulbehörde von einem Gerücht sprachen, erhielten einige Schulen
bereits die Anweisung, ab sofort im Sinne der Änderung zu verfahren. (Der Verfasser dieser Zeilen unterrichtet an einer solchen.) Eine Power Point Präsentation des SSR (siehe Bild) erklärt die
Übergangsregelungen, deren Dauer wohl genutzt werden soll, um alle zu informieren, die noch glauben, es handle sich um ein Gerücht.

Außerhalb der Grenzen Wiens hat – angeblich – noch niemand von der Änderung gehört (Stand 30.12.2018). Angesichts dieser Situation fühlt sich der Verfasser dieser Zeilen verpflichtet, wilde
Spekulationen anzustellen. Gegen eine Maßnahme, die darauf abzielt, Kindern das Fußfassen in ihrer neuen Umgebung zu erschweren, ist jedes Mittel recht. Außerdem macht es Spaß und man ist damit
nicht annähernd so unseriös wie der SSR, der sein Vorhaben im Schatten teilweiser Geheimhaltung vorhat.

Lasset uns nunmehr spekulieren! Das Ziel scheint klar – jedenfalls in Wien. SuS, deren Deutschkenntnisse laut Test mangelhaft sind, bleiben sitzen, wenn es sein muss ewig. Möglicherweise ist, was
wir derzeit beobachten eine Art Probegalopp. Im Zuge der flächendeckenden Umsetzung, können die Anhänger*innen der Gerücht-Theorie vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Vielleicht ein
dezenter Hinweis darauf, mit welcher Art von Politik die SPÖ in nächster Zeit daherkommen wird.

Und die rechten Regierungsrecken? Volksschulmädchen mit Kopftuch auf erzittern vor ihnen bekanntlich wie Espenlaub. Warum nicht auch Kindern, die noch nicht ausreichend Deutsch können, ordentlich
auf die Zehen steigen? Das passt sicher zu ihnen, aber sie haben es nicht eilig. Zuerst soll die SPÖ in Wien die Dreckarbeit machen.