Eine I. M. Seifried Rezension:
Es ist prinzipiell eine ebenso gute Sache, Mädchen ab 10 Jahren Role-Models anzubieten als auch Buben die Bedeutung von Frauen in der Welt zu vermitteln. 200 Frauen in einem Buch versammelt, das
klingt sehr praktisch für Lehrer*innen und deren Unterricht.
Das Spektrum der präsentierten Frauen und ihren Fachgebieten umfasst Weltraumfahrt, Literatur, Regentschaft, Wissenschaft u.a.m.. In vielen waren sie Vorreiterinnen. Manche lebten vor unserer
Zeitrechnung, manche leben in unserer Gegenwart. Gut bekannt sind den Kindern wohl nur sehr wenige wie Kleopatra, Elisabeth II, Marie Curie und ev. noch Malala Yousafzai und Björk. Also gibt es
viel zu entdecken. Die Sammlung ist bunt und reicht von Eleonora Abbagnato bis Wu Zetian.
Exemplarisch werde ich die erste und letzte Frau des Buches thematisieren.
Das Buch beginnt mit Harriet Beecher Stowe, die bekanntlich das Buch „Onkel Toms Hütte“ schrieb und damit weltberühmt wurde, weil sie sich damit gegen die Sklaverei aussprach.
Doch was wird als wichtig bewertet, was bleibt ungenannt? Die Hälfte des Textes ist eine Inhaltsangabe von Onkel Toms Hütte. Wäre es nicht interessanter zu vermitteln, dass Harriet als Mädchen
eine traditionell männlich geprägte Ausbildung erhielt und als Lehrerin arbeitet? Und dass sie nicht für die Frauenrechte eintrat, sondern versuchte, ihre Schwester Isabella Beecher Hooker daran
zu hindern, Victoria Woodhull bei ihrer Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 1872 zu unterstützen (wie in Wikipedia nachzulesen ist). Also welchen Mehrwert hat nun dieser erste Beitrag des
Buchs?
Den Abschluss der Reihe macht Catherine Middleten, die als Herzogin dafür sorgt, dass ihre Kinder ein normales Familienleben führen dürfen und die sich auch wohltätigen Aufgaben
widmet. Dass sie eine der beliebtesten Prinzessinnen der Welt ist, schließt die Beschreibung. Kein Hinweis, dass Catherine ihren Abschluss in den Fächern Chemie, Biologie und Kunst (britisches
Abitur) machte und später Kunstgeschichte studierte und mit BA abschloss.
Der Verlag beschreibt die Texte als informativ und unterhaltsam. Ich stimme dem nicht zu.
Vermutlich hat Renzo Barsotti die Illustrationen zu verantworten (es gibt keinen Hinweis darauf). Da diese sehr dominant sind und vom Verlag als „detailliert und realistisch“ bezeichnet werden,
müssen auch sie thematisiert werden.
Ich beurteile den Text, der aus der Regenbogenpresse stammen könnte, als den Frauen inadäquat, wie auch die Illustrationen.
Ich empfehle daher Lehrer*innen, ihre Schüler*innen selbst über Frauen recherchieren zu lassen. In einer Gruppenarbeit kann das Wesentliche und Wichtigste zusammengefasst werden.
Anschließend darüber zu diskutieren, was die Stärken der einzelnen Frauen waren und wofür Frauen heute Stärke brauchen. Das ist m. M. der Kernpunkt! Wofür brauchen Männer in unserer Gesellschaft
Stärke, wofür Frauen? Warum wird das dritte Geschlecht tabuisiert? Wem dient es zum Machterhalt, traditionelle Werte aufrecht zu erhalten?
Auf dieses Buch kann zur Gänze verzichtet werden, wenn es um die Bedeutung von Frauen geht. Allerdings für den Bereich Medienpolitik ist es wirklich sehr gut geeignet, um zu zeigen, wie welche
Geschlechterrollen und damit auch Weltbilder durch Geschichten und Bilder nicht / vermittelt werden!
Rezension: Ilse M. Seifried Feb. 2020
Renzo Barsotti: Entdecke über 200 starke Frauen und wie sie die Welt verändert haben. Aus dem Ital.: B. Neeb, K. Schmidt, U. Schimming
durchgehend vierfarbig, Hardcover
128 Seiten
ullmann medien 2019
https://www.ullmannmedien.com/shop/wissen-buch/entdecke-ueber-200-starke-frauen/
Für Kinder ab 10 Jahren
€ 9,99
ISBN: 978-3-7415-2419-6
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