von Petra Vujović


„Die Lehrkräfte haben zentrale Qualifikations-, Bildungs- sowie Erziehungsaufgaben und tragen sowohl zur Stabilität der Gesellschaft als auch zur Weiterentwicklung zukünftiger Generationen bei
.“1 Unsere Lehrer:innen werden daher respektiert und geschätzt. Der Lehrberuf bietet gute Aufstiegschancen, ist vielseitig und dynamisch. Motivierte und kompetente Lehrer:innen, die sich laufend fort- und weiterbilden, freuen sich über diverse Tätigkeiten, die sie im schulischen Rahmen ausüben dürfen: Das Planen und Leiten von Workshops, Kursen, Projekten und Events. So bringen sie ihre vielseitigen Kompetenzen in ihre Arbeit ein und kommen beruflich schneller voran. Für die zusätzlich erbrachten Leistungen werden die Lehrer:innen fair entlohnt… Schön wär’s, oder? 

Wer sich allerdings die aktuelle Situation im Pflichtschulbereich anschaut, versteht sofort, dass da nichts mehr funktioniert. Etwas ist definitiv faul im Staate Österreich, aber woran liegt es? Reden wir Klartext! 

Das Scheitern von Schule hängt mit der aktuellen Schulpolitik zusammen. Die Kernprobleme, wie Lehrkräftemangel, die wachsende psychische Belastung und arbeitsbedingter Stress, fachfremder Unterricht, die Unzufriedenheit mit dem Arbeitgeber etc. werden einfach unter den Teppich gekehrt. Die Verantwortung dafür übernimmt weder der Bildungsminister, noch der Bildungsdirektor. Eh klar, denn für den Super-Gau der Schule möchte doch bitte niemand verantwortlich sein. Es brennt überall und keiner löscht.  

Stattdessen wird die Schule neu erfunden. Damit sich der Bildungsminister mit den unangenehmen Fragen nicht auseinandersetzen muss, drängt die aktuelle Politik die jungen Lehrer:innen in die freie Wirtschaft, statt in die Schule. Also weg von Schule. Geht’s noch? 

Während unsere Führung am Scheitern von Schule konsequent weiterarbeitet, beschäftigen sich die im Stich gelassenen Lehrer:innen intensiv mit dem Feuerlöschen. Wer die schulische Realität hautnah erlebt, muss jedoch mit Konsequenzen rechnen: Es ist Mitte November und schon stehen viele vor einem (neuen) Burnout. Frustriert, ausgelaugt, krank, überfordert und enttäuscht. Wie kommt’s? 

Kann Schule trotz allem immer noch zu einem Ort der Freude am Lernen und Lehren werden? Mithilfe von hoch motivierten, kompetenten und vor allem gesunden Lehrer:innen, ja! Schule kann freilich nur dann gelingen, wenn die Führung aktives Zuhören lernt. Letztendlich wissen die Lehrer:innen am besten, wie man Schule macht! 

Umgehend fordern wir daher Folgendes: 

Weniger Papierkram! Lehrer:innen sind keine Bürokraft, kein medizinisches Personal und keine Sündenböcke. Auf die unnötige und nicht pädagogische Arbeit soll darum verzichtet werden! Es raubt uns die Zeit und die Energie, die wir für unsere berufliche Tätigkeit brauchen. Wir sind in einem Teufelskreis und möchten bitte herauskommen! 

Mehr Wertschätzung durch Arbeitgeber für ausgebildetes und kompetentes Lehrpersonal! Unseren Job kann schließlich nicht jeder machen. Fragen Sie nur die Maturanten und die Studierenden, die Sie, Herr Bildungsdirektor, völlig unvorbereitet in die Klassen geschickt haben. Selbst wenn das kranke (tote?) System dadurch künstlich am Leben erhalten wird, ist das keine gute Lösung. Und nein, den Fachkräftemangel können Sie Corona nicht anhängen, das ist ein altbekanntes, strukturelles Problem.  

Diesbezüglich auch einige Fragen an Herrn Bildungsminister: Wer soll zukünftig unterrichten? Brauchen Sie die qualifizierten und erfahrenen Lehrkräfte noch, oder sollen wir uns langsam ‚selbstständig machen‘ und nach einem Nebenjob ‚in der Wirtschaft‘ umsehen, wie die jungen Kolleg:innen aus Ihrer neusten Kampagne? Aber Vorsicht, vielleicht gefällt es uns tatsächlich und wir kommen nicht mehr zurück.  

Seit wann reicht es übrigens nicht mehr, nur Lehrer:in zu sein?

Ein Tipp: Statt in irreführende Werbespots zu investieren, investieren sie lieber in die Lehrer:innen. Wir freuen uns über ein kleines Zeichen der Dankbarkeit und Wertschätzung. Schenken Sie uns von Zeit zu Zeit einen Gutschein oder eine Vorteilskarte, Wellness tut uns sicherlich gut!  

Geld und Karriere! In Zeiten wie diesen motiviert nichts besser, als Geld, gute Arbeitsbedingungen und Aufstiegschancen. Auch wenn das Thema „Geld“ im Lehrberuf verpönt ist, haben wir als hochqualifizierte Fachkräfte trotzdem das Recht auf eine bessere Bezahlung, Karriere und einen höheren sozialen Status. Aber während die Anforderungen an Pflichtschullehrer:innen immer höher werden, bleibt unser Gehalt gleich. Dabei arbeiten wir praktisch rund um die Uhr. Und das soll gerecht sein. 

P.S.: Wie lange werden die Mentor:innen auf ihr Geld noch warten? Wann bekommen wir endlich unsere MDL-Stunden bezahlt? Wie läuft es mit der Einstufung? Auch das ist eine Respektssache. 

Gesundheit, Prävention und Vorsorge! Lehrer:innen wollen auch gesund sein. Wir sind stark psychisch belastet. Die Stressfaktoren lassen sich nicht immer rechtzeitig erkennen und ausschalten. Wir leiden weiterhin unter Zeitdruck, mangelnder Unterstützung durch Arbeitgeber, hoher Arbeitsbelastung und Verantwortung. Deswegen fordern wir dringend mehr Prävention, eine bessere Krankenversicherung und einen konkreten Gesundheitsplan für alle Pflichtschullehrer:innen in Österreich! Unsere Gesundheit muss Priorität haben!  

Wir verlangen mehr Verständnis und Vorsorge für die Menschen, die die zukünftigen Generationen in diesem Land erziehen und ausbilden. Wenn uns das System krankmacht, gehört das System geändert und verbessert! Der das nicht schafft, soll sofort zurücktreten und den Platz frei machen! 

Die Autorin ist Sonderschullehrerin in Wien

1 Lehrergesundheit, in Deutsches Ärzteblatt, 2015. https://www.aerzteblatt.de/archiv/170601/Lehrergesundheit.