Rafik Schami, 1946 in Damaskus geboren, ist Erzähler und Schriftsteller, der viel zu erzählen und zu sagen hat: Sei es, die orientalische Erzählweise in die Gegenwart zu bringen, die Problematik
von Emigration empathisch zu beschreiben, die politischen Veränderungen Syriens anhand von konkreten Lebensgeschichten zu erzählen. Menschlichkeit, selbstverständliche Gleichberechtigung, Humor
und ein klarer wie auch poetischer Blick ziehen sich durch all seine Werke, sind sein Erkennungsmerkmal.

 

Seit 1971 lebt Rafik Schami in Deutschland, wo er zuerst in Chemie promovierte, ehe er aufgrund der rasch anwachsenden Leser*innenzahl sich ganz dem Schreiben widmen konnte. Mittlerweile ist sein
Werk auf über 50 Bücher angewachsen.

 

Mit zahlreichen Preisen wurde er ausgezeichnet. In viele Sprachen wurden seine Bücher übersetzt. Er begann mit Märchenbüchern (z.B. 1982: Das Schaf im Wolfspelz. Märchen und Fabeln). Danach
folgten Jugendbücher (z.B. 2000: Die Sehnsucht der Schwalbe), Kinderbücher (z.B. 2003: Wie ich Papa die Angst vor Fremden nahm) und Romane (z.B. 2004: Die dunkle Seite der Liebe).

 

Nun legt er seinen ersten Gesellschaftsroman mit kriminalistischem Hintergrund vor. Obwohl Schami aus politischen Gründen nie wieder in Syrien war, ist seine Liebe und Nähe nach
wie vor Basis aller Bücher. Dass sich, um die Situation in Syrien zu beschreiben, ein Krimi anbietet, ist gut nachvollziehbar. Allerdings liest sich dieser Krimi nicht wie viele andere
aktionsreiche Krimis, weil der Autor, seinem Stil treu bleibend, Schicksale mit all ihren positiven und tragischen Wendungen verflechtet.

 

Seinem Buch voran stellt er seine bisherige Beobachtung: „Glaube versetzt selten Berge, Aberglaube immer ganze Völker.“

 

Der Kern des Krimis ist folgender: Ein italienischer Kardinal wird 2010 tot in einem Ölfass in die italienische Botschaft geliefert. In welcher geheimen Mission war der zu Besuch weilende
Kardinal unterwegs? Warum wurde er von wem ermordet? Kommissar Barudi will all das herausfinden. Geschickt muss vorgegangen werden, denn Konkurrenz bzw. Verflechtungen von Geheimdienst und
Polizei können zum Verhängnis werden. Es ist Barudis Idee, einen Kollegen aus Rom zur Unterstützung anzufordern. Barudis persönliche und vertraulichen Tagebuchaufzeichnungen sind temporär
eingefügt, weil Barudis Hausarzt Omar ihm das gegen seine Schlafstörungen empfahl. Ängste, Trauer und Wut jemanden zu erzählen, ist nicht möglich, denn es ist niemanden zu trauen. Sein Ziel ist,
durch sein Tagebuch in seine Kindheit zurückzukehren, denn er will verstehen, wie er zu dem wurde, der er ist. Mit der Zeit wird sein Kollege Mancini zu einem Freund. Wie der Fall „gelöst“ wird,
wird an dieser Stelle nicht erwähnt, wohl aber die Feigheit von Barudis Chef und die Lügen der Medien.

 

So grausam manche Realität auch ist, immer ist eine lebensbejahende Grundschwingung die Basis von Rafik Schami. Somit liegt ein differenziertes und vielschichtiges Buch vor, das auch Lehrer*innen
empfohlen werden kann.

 

September 2019

 

Rezension

Ilse M. Seifried

http://www.das-labyrinth.at/

https://www.i-m-seifried.at/

 

Rafik Schami: Die geheime Mission des
Kardinals

432 Seiten

Fester Einband

€ 26,80 €

Hanser Verlag 2019

ISBN 978-3-446-26379-6

auch in ePUB-Format