Philosoph Konrad Paul Liessmann im Interview mit Matthias Röder
(news4teachers.de)
Eine interessante und vor allem kritische Analyse der Bildung, Schule und Bildungspolitik, in der Liessmann wichtige Problemfelder anspricht, die bisher in der Öffentlichkeit kaum
thematisiert wurden.
Liessmann geht bei seinen Überlegungen davon aus, dass die Bildung des Menschen „Formung, Entfaltung, Orientierung, Selbstgestaltung und das Gewinnen einer auch ästhetischen Urteilskraft“
beinhalte. Bildung ließe sich nicht „auf den Erwerb von Wissen, aber auch nicht auf den Erwerb von Kompetenzen“ reduzieren. Es gehe bei Bildung immer um die Frage: „Wie kann ein Mensch seine
Haltung, seinen Charakter, seine Fähigkeiten zu einer Mündigkeit entwickeln?“
Die Bildungspolitik in Österreich und Deutschland habe in diesem Sinne mit Bildung „gar nichts zu tun“, denn es gehe ihr in erster Linie um „das Schulen und Testen von einzelnen Fähigkeiten“ und
nicht „mehr um die Bildung des Menschen“. Und nicht mehr „um die Inhalte der Bildung“. Und diese Entwicklung sei fatal. Denn Inhalte seien in der Bildung entscheidend, denn „diese berühren
Menschen. Kompetenzen lassen kalt“. Und das gehe nicht, wenn, wie von der Bildungspolitik gewünscht, die Lehrer/innen nicht mehr, sondern Coaches sind. „Pädagogen müssen das Gefühl haben, dass
sie etwas Wichtiges weitergeben wollen, gerne mit persönlicher Färbung und persönlichem Stil. Der gute Deutschlehrer begnügt sich nicht damit, Leseprozesse zu coachen, sondern ist von der
Notwendigkeit überzeugt, Kafka, Thomas Mann oder Peter Handke zu lesen.“
Dazu kämen die unerträglichen Erwartungen an die Lehrer/innen, ständig ihr Tun zu reflektieren und darüber Rechenschaft abzulegen. Laut Liessmann brauche man eine „kritische Distanz zu sich und
seiner Tätigkeit“, aber „wir müssen weg von diesem Phantasma permanenter Kontrollierbarkeit und der permanenten Vergleichstests. Das schafft nur unglückliche Lehrer und damit unglückliche
Schüler.“
Außerdem hindere die derzeit betriebene effizienz- und kompetenzorientierte Schule die Entwicklung der Fantasie und Kreativität, die gerade in der heutigen Zeit so wichtig wären. Auch die
sozialen Netzwerke, verstärkten diese negative Entwicklung maßgeblich.
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