von Timo Brunnbauer

 

In Österreich gibt es eine schöne Tradition, die in Etwa so geht: Man beauftragt jemanden, oder eine Organisation, mit der Evaluierung zu einem Sachverhalt. Diese Studie wird im besten Fall ordentlich durchgeführt, nach wissenschaftlichen Kriterien abgearbeitet und dann der Öffentlichkeit präsentiert. Daraufhin passiert meistens: Nichts. Jetzt gibt es Neues aus dem Bereich der Studienwelt zu berichten.

Die bekannte Bildungswissenschaftlerin Christiane Spiel wurde beauftragt, sich anzusehen, wie es um die Zufriedenheit der Lehrer*innen mit den Deutschförderklassen steht. Dies passierte im Oktober 2020, Auftraggeber das Bildungsministerium unter Heinz Faßmann. 700 Pädagog*innen wurden befragt, das Ergebnis eindeutig: Es besteht großer Reformbedarf bei den Deutschklassen, die aktuelle Situation wird als unzufriedenstellend beschrieben.

Ein Ergebnis der Studie beispielsweise ist die Forderung nach autonomen Entscheidungen: Die Lehrer*innen an den Schulstandorten sollen frei entscheiden, wie sie den Sprachunterricht organisieren wollen. Auch die MIKA-D Testungen werden als unnötig betrachtet. Das Ministerium möchte dies nicht ändern. Man sehe insgesamt keinen Änderungsbedarf bei den Deutschklassen. Zudem, so das Ministerium, hätten sich durch die Deutschförderung für die ukrainischen Kinder die Rahmenbedingungen geändert. Welche? Das wird nicht ausgeführt. Wider besseren Wissens wird an einem Standpunkt festgehalten, egal wie falsch er auch sein möge.

Wozu die Studie in Auftrag gegeben wurde? Das ist nun unklar. Vielleicht hat es den damaligen Unterrichtsminister tatsächlich interessiert, sich ohne ideologische Scheuklappen einem Thema zu nähern. Oder man musste die Studie zumindest durchführen, immerhin ist der jetzige Regierungspartner kein Freund dieser türkis-blauen Erfindung aus dem Jahr 2018.

Das Ministerium unter Polaschek wird diese Studie nun in der Schublade verschwinden lassen, es gibt keinen ursprünglich angedachten Präsentationstermin, es wird keine weiteren Diskussionen zwischen den Studienautor*innen und dem Ministerium geben.

Das verwundert Studienleiterin Spiel doch einigermaßen: „Die Ergebnisse üben überhaupt keine Fundamentalkritik an der Deutschförderung – weder die befragten Lehrpersonen noch wir, wie wir die Ergebnisse interpretieren. Wir machen sehr konstruktive Vorschläge für eine Weiterentwicklung. Und schließlich steht die Weiterentwicklung der Deutschförderung auf Basis der Evaluationsergebnisse ja auch im Regierungsabkommen.“ (Standard, 12.12.22)

Die Bildungssprecherin der Grünen, Sibylle Hamann, findet die Reaktion des Ministeriums nicht gut: „Die Vorschläge aus der Studie sind konstruktiv, praxisnah, man hätte sich dafür herzlich bedanken können, und wir könnten sie sofort umsetzen.“, meinte sie gegenüber dem Standard.

Das wird nun nicht passieren.

 

Link zum Interview mit Christiane Spiel HIER.