Immer mehr Direktor/innen und Lehrer/innen drohten in den letzten Tagen mit einem Boykott der von Fachleuten und Pädagog/innen scharf kritisierten separaten Deutschförderklassen, weil die Schulen
auf Grund der kurzen Vorbereitungszeit und der sträflich mangelhaften Informationen seitens des Bildungsministeriums bei der Umsetzung vor große, in manchen Schulen de facto unlösbare, Probleme
gestellt werden. Auch die schwarze Lehrergewerkschaft übte wegen fehlender Planbarkeit leise Kritik am Vorgehen des Ministers. Die roten und die unabhängigen Lehrervertreter/innen waren in ihrer
Kritik deutlich klarer.
Nina Horaczek analysiert in ihrem Kommentar im Falter (siehe dazu: „Deutschförderklassen“: Regierung Kurz plant Frontalangriff auf die Ärmsten) anhand der
„Deutschförderklassen“ haarfein und treffsicher die Widersprüche zwischen dem, was die Regierung vorgibt zu wollen – „Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen und Familien fördern“ – und den
Plänen, die wirklich mit der Maßnahme, die auf den ersten Blick wie ein Husch-Pfusch-Projekt aussieht, verfolgt werden.
Das Ergebnis der Recherche zusammengefasst: Es ist
• ein eiskalt geplanter Riesenschritt in Richtung Ghettoschulen,
• eine ideologische Politik gegen die ärmsten Kinder,
• ein bewusst programmiertes Scheitern der Integration bereits am Schulhof, damit ihnen die Sündenböcke nicht ausgehen,
• ein gewissenloses „Verliererspiel“ für die Kinder, deren Eltern schlecht Deutsch sprechen und wenig Geld haben,
• die denkbar schlechteste Variante, um eine Sprache zu erlernen und nicht zuletzt
• ein Angriff auf das rote Wien, weil dort die meisten Kinder mit Deutsch als Zweitsprache in die Schule gehen.:
Und wie geht Paul Kimberger, Vorsitzender der Pflichtschullehrer-Gewerkschaft, mit dieser Situation um? In einem Österreichischen Gratisblatt warnte er die Direktor/innen vor einem Boykott der
separaten Deutschförderklassen und ist nach dem heutigen Gespräch mit Bildungsminister Heinz Faßmann wesentlich beruhigter. Nun dürften Kampfmaßnahmen vom Tisch sein, freut sich Kimberger und
Faßmann. Weitere Gespräche seien geplant.
Was macht den Lehrergewerkschafter so zuversichtlich? Signalisierte der Bildungsminister etwa die Bereitschaft von seiner „strikten“, Thomas Bulant sprach in diesem Zusammenhang von „Diktat“
(siehe dazu: „Schulische Autonomie und Dialog statt Diktat der
Deutschförderklassen“), Vorgangsweise abzugehen und in einen fairen und auf Augenhöhe stattfindenden Dialog einzugehen? Mitnichten! Faßmann übergab den Lehrervertretern einen Leitfaden für
Deutschförderklassen, der auch an alle Schulen verschickt werden soll. Das war es dann schon.
Mit der Zusage Faßmanns, dass auf Probleme der einzelnen Schuldstandorte schon noch eingegangen werde, kann wohl niemand wirklich etwas anfangen. Mehr Bedeutung haben sicherlich seine
Feststellung, dass an den Eckpunkten der Deutschförderkkassen nicht gerüttelt wird und seine Schuldzuweisung an die Direktor/innen und Lehrer/innen, sie hätten ihre Holschuld nicht erfüllt, er
aber seine Bringschuld sehr wohl. Meinte er damit etwa den Leitfaden für Deutschförderklassen? Ein alter Hut -eine dicke Mappe an Questions and Answers, der schon seit Wochen bekannt ist. Er
werde jetzt die Informationen bewerten, bevor über das weitere Vorgehen und etwaige Kampfmaßnahmen entschieden werde, versprach Kimberger nach dem Gespräch.
Und außerdem sei der Widerstand gegen die Deutschförderklassen „tatsächlich ideologisch bedingt“, blufft Faßmann. Ideologie spielt in diesem Zusammenhang offensichtlich eine große Rolle. Das
sieht auch der Klubobmann und Bildungssprecher der Grünen in Wien, David Ellensohn so: „Die Regierung beschließt rein populistische Maßnahmen und ignoriert bewusst wissenschaftliche
Erkenntnisse“. Offensichtlich sei diese „Populismus-Husch-Pfusch“ Bildungspolitik bei den separaten Deutschförderklassen. Deutschförderklassen in der geplanten Form würden das Deutschlernen nicht
fördern, sondern erschweren, so Ellensohn. Obwohl ExpertInnen seit langem darauf hinwiesen, werde das von Faßmann und seinen Regierungspartnern standhaft ignoriert.(siehe dazu „Ellensohn: Bildungspolitik statt Populismus-Husch-Pfusch“)
Und zum Thema Ideologie in der aktuellen Bildungspolitik sei noch einmal auf die Analyse von Nina Horaczek hingewiesen.
Dazu ein lesenswerter Artikel von Karin Riss: DerStandard.at „Faßmann ringt mit Lehrervertretern um Deutschförderklassen“
ms
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