Sommerzeit. Lesezeit. Zeit für Bücher, die nichts mit der Schule zu tun haben. Da gibt es eine unüberschaubare Auswahl. Ich empfehle dieses Buch.
„Die Erinnerung ist wie Sonnenflecken in einem verhangenen Tal,
die sich mit den treibenden Wolken verschieben.“
Die Malayin Teoh Yun Ling, die ihre Stelle als Richterin aufgrund ihrer Erkrankung (sie beginnt ihr Gedächtnis zu verlieren) aufgibt, kehrt 1987, nach 35 Jahren, wieder in die Cameron
Highlands zurück. Hier möchte sie ihrer verstorbenen Schwester mit Hilfe des japanischen Gartenkünstlers Arimoto einen Garten errichten lassen.
Die
japanischen Besatzer zwangen die beiden Schwestern ein ein japanisches Internierungslager. Teoh Yun Ling konnte fliehen und überlebte. Ihre Schwester wurde zu Tode gequält. Sie folgt dem
Vorschlag Arimotos, all ihre quälenden Erinnerungen aufzuschreiben. Und so verwebt sich Gegenwart mit Vergangenheit.
Für
die meisten wird dieses Thema auf den ersten Blick keine Priorität haben. Und dennoch passt dieses Buch genau in die Sommerzeit, gerade weil da jene Zeit und Entschleunigung vorhanden sind, die
sonst oft fehlen. Ein Buch, das in neue und auch allzu vertraute menschliche Seelenräume führt.
Der
Autor Tan Twan Eng wurde in Penang geboren. Er studierte an der
University of London. Danach arbeitete er als Jurist in Kuala Lumpur. Sein erstes Buch The Gift of Rain spielt während japanischen Besetzung Malaysias. 2007 kam es in die
Shortlist des Man Booker
Prize. Sein zweites Buch Der Garten der Abendnebel
spielt zeitlich am Ende der japanischen Besatzung auf Malaysia. Dafür erhielt er den Man Asian Literary Prize 2012. Nun lebt Tan Twan Eng teilweise in Malaysia und in Südafrika.
Dem
Autor gelang ein sachlich, poetisch, realistischer Roman. Meisterhaft verwebt er stilistisch das Persönliche mit dem Politischen und der japanischen Gartenkunst. Das Buch ist eine Entdeckung
wert! Es ist spannend zu lesen, informativ und berührend und auch trotz allem irgendwie friedensstiftend.
An
einer Stelle zu Beginn heißt es: „Sie haben es nicht geschafft, mich im Krieg umzubringen, und im Lager auch nicht,“ sagte er schließlich mit leiser Stimme. „Aber sechsundvierzig Jahre an meinem
Hass festzuhalten – das hätte mich umgebracht.“
Rezension: Ilse M. Seifried
www.i-m-seifried.at
www.das-labyrinth.at/
Tan Twan Eng:
Der Garten der
Abendnebel.
Übersetzung: Michaela Grabinger.
Droemer/Knaur 2015.
464 Seiten, Hardcover.
ISBN 9783426199886
Preis: 19,99 €
Auch als e-book.
Tan Twan Eng.
The Garden of Evening
Mists;
2011 E-Book-Ausgabe,
Canongate Books
Preis: ab ca. 4,40 €
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