Liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute ist der 5. Oktober, das ist der Weltlehrer:innen-Tag. Wir, die Vorsitzenden der ÖLIUG, Claudia Astner und Hannes Grünbichler, meinen, an diesem Tag müssen wir uns und den Bildungsverantwortlichen ins öffentliche Bewusstsein holen, was wir als Lehrer:innen so leisten. Dazu benötigt es einen Blick auf die der Gewerkschaft lange versprochene Arbeitszeitstudie durch das Bildungsministerium. Diese gibt es aber nicht in aktualisierter Form! Bereits die letzte Erhebung vor 24 Jahren (1999 für LehrerIn 2000) hat gezeigt , dass die 1776 Stunden an Jahresarbeitszeit bei einer Vollbeschäftigung nicht einhaltbar sind, dabei sind ständig neue Arbeitsbelastungen hinzugekommen und der jüngste OECD Bericht „Bildung auf einem Blick 2023“ bestätigt, dass gut ausgebildete Lehrer:innen weniger verdienen als andere Vollzeitbeschäftigte mit einem gleichzuhaltenden Hochschulabschluss. Es ist müßig darauf hinzuweisen, dass diese Ungerechtigkeit in Österreich noch größer ist als in anderen Ländern.

Der 5. Oktober ist der Tag der Wertschätzung.

Wir benötigen keine Medienaussendungen der Bildungsverantwortlichen, sondern ihren Willen, sich mit den Arbeitsrealitäten einer Lehrerin und eines Lehrers auseinanderzusetzen. Schluss mit dem Lehrer:innen-Bashing! Fünf Minuten der Wertschätzung zum Lesen dieses FAZ-Artikels „Wie lange halten Lehrer durch?“ vom 4. Oktober über die Arbeitsbelastung in der Schule:
Darin zeichnet der Arbeitswissenschaftler Frank Mußmann, der zur Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern forscht, ein Bild über eine ganz normale Schulwoche. Das soll ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden, schließlich haben Lehrer:innen im Vergleich zu anderen Beschäftigten einige arbeitsfreie Wochen („die Ferien“) mehr. Mußmann legt dies auf die Schulzeit um und kommt so rechnerisch auf eine wöchentliche Sollarbeitszeit von rund 47 Stunden. Diese 7 Stunden an Mehrarbeit ergeben in 36 Unterrichtswochen 252 unbezahlte Plusstunden. Diese werden dann mit den 5 Wochen Urlaub in den Ferien abgebaut. Der Forschungsstand zu Arbeitszeiten und Arbeitsbelastungen von Lehrkräften zeigt, wir arbeiten aber mehr!

Eine weitere Überraschung gibt ebenfalls zu denken: Das Unterrichten selbst, die eigentliche Kernkompetenz von Lehrer:innen, laut Schulforschung der Garant für den Lernerfolg, nimmt oft nur noch 30 bis 40 Prozent unserer Arbeitszeit ein.

Jede Person, die über Lehrermangel spricht, sollte eines wissen, es sind die Rahmenbedingungen: Die hohe Arbeitsbelastung unter dem Schuljahr, das unzureichende Unterstützungssystem, die schlechte Bezahlung und das ständige Jammern über die Ferien – die wir uns erarbeiten und dringend zur Regeneration brauchen – machen uns zu schaffen. Wir haben das nicht verdient. Wir verdienen Wertschätzung, weil wir trotz dieser widrigen Umstände noch immer gerne mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten. Das macht den Beruf Lehrer:in zu einem schönen Beruf.

Wir fordern, unsere Arbeitsrealitäten ernst zu nehmen, nur dann kann man sie auch ins Bessere verändern.

Mit wertschätzenden Grüßen

Claudia Astner und Hannes Grünbichler
als Vorsitzende der ÖLIUG