Wie gut ist die Luftqualität in Österreichs Klassenzimmern? Die Luftqualität in Österreichs Klassenzimmern ist spätestens seit der Corona-Pandemie zum vieldiskutierten Thema geworden. Je besser die Luft, desto geringer ist das Ansteckungsrisiko mit Infektionskrankheiten und desto besser ist die Lernleistung. CO2 gilt dabei als Indikatorsubstanz für „Saubere Luft“. Es gilt: Je niedriger der gemessene CO2-Wert, desto besser ist die Luftqualität im Klassenzimmer. Der CO2-Wert sollte dabei den Leitwert von 1000 ppm nicht überschreiten. Im Vergleich dazu hat die Außenluft eine CO2-Konzentration von 420 ppm. Der Leitwert kann schnell überschritten werden, da ein Volksschulkind in etwa 13.5 Liter CO2 pro Stunde und ein Oberstufenschüler rund 18 Liter CO2 pro Stunde ausatmet. Es ist ganz einfach, je mehr Schüler sich im Klassenzimmer befinden, desto schneller übersteigt die CO2-Konzentration die 1000 ppm und die Luft wird dabei unbemerkt immer schlechter. In kleinen Klassenzimmern geht es um vieles schneller. Als guter Schätzwert gilt, dass ein Oberstufenschüler 90 ppm und ein Volksschulkind 67.5 ppm CO2 pro h ausatmet. In einer Schulklasse mit 25 Kindern übersteigt der CO2-Wert also nach einer Unterrichtsstunde (= 50 min) jedenfalls die 2000 ppm und spätestens nach 35 min halbiert sich der Unterrichtsertrag.
Hannes Grünbichler hat in zwei repräsentativen Schulklassen (1 Volksschulklasse und 1 Oberstufenklasse mit je 17 Schülern) die Luftqualität vom 9. Jänner 2023 bis 17. Februar 2023 mit je 2 Aranet-4 Pro Sensoren (in 1 und 2 m Höhe) gemessen. Seine Ergebnisse sind ernüchternd:
Intellectual Laziness in 🇦🇹:
In Schulklassen ist jeder Tag ein Bad Air Day! 😱„Sehr gut sieht man das am Beispiel der Schulen, wo zum Teil ganze Klassen erkranken. Da ist klarerweise auch das Ansteckungs-Risiko ziemlich groß.“ Leiter Landesstatistik Salzburg (8.2.2023). pic.twitter.com/6ehwGCm93s
— Hannes Grünbichler (@HGrunbichler) February 19, 2023
Die Auswertung zeigt, dass an jeden Schultag der Leitwert von 1000 ppm überschritten wird und Werte über 1400 ppm völlig normal sind. Es ist also jeder Schultag ein „Bad Air Day“. Das ist aus zwei Gründen schlecht: Einerseits steigt das Erkrankungsrisiko und anderseits sinkt die Leistungsfähigkeit der Schulkinder um die Hälfte ab. Im Thread von Grünbichler sieht man die Anzahl der Überschreitungstage in Prozent der gesamten Schultage 2023 bis zu den steirischen Semesterferien. Eine Messwertüberschreitung wird nur dann gezählt, wenn der gemessene CO2-Wert auch für zumindest 15 min überschritten wird.
Ergebnisse von CO2-Messungen in einer repräsentativen Oberstufenklasse:
Anzahl der Überschreitungstage des
CO2-Leitwerts von 1000 ppm: 100%.Unterrichtstage
>1200 ppm: 100%
>1400 ppm: 100%
>1600 ppm: 100%
>1800 ppm: 85.7%
>2000 ppm: 85.7%
>2400 ppm: 57.1%via @AranetIoT Pro.
— Hannes Grünbichler (@HGrunbichler) February 19, 2023
Auch andere FUOP-Experten bestätigen genau diese Beobachtungen:
Ich war heute in einem Wiener Gymnasium, um digitale Grundrechte von Kindern vor Kindern zu besprechen.
Video: https://t.co/I4nD5Hove2
Text: https://t.co/JGzTUjqHox
Eine Sache, die auch noch erwähnenswert ist: Luftqualität im Saal am Ende > 2000 ppm CO2.— Nikolaus Forgó (@nikolausf) February 22, 2023
Und das wahre Ausmaß dürfte unterschätzt werden, da viele Klassen in Wirklichkeit dichter belegt sind. Glücklicherweise hat das Bildungsministerium mittlerweile erkannt, dass es für nachhaltigen Unterricht „Saubere Luft“ im Klassenzimmer braucht und startet eine Langzeitstudie zu CO2-Konzentration in österreichischen Schulklassen. Diese Jahreszeitenstudie wird die Messungen sicher bestätigen. Am besten beschreibt der Kommentar von Elke Ziegler, Leiterin der ORF-Wissenschaftsredaktion, die Situation:
In anderen Ländern ist man hier schon weiter: In Belgien zB stehen verpflichtend CO2-Messer in öffentlichen Räumen wie Schulen, Restaurants etc., Frankreich hat strenge Vorgaben zur Luftqualität. Ö müsse hier aufholen: https://t.co/Olldcbc96m @HGrunbichler @igoe_at @brosch_alex
— Elke Ziegler (@elke_ziegler) February 8, 2023
Die Frage, die wir dann als Lehrervertretung stellen müssen: Welche Konsequenzen zieht das BMBWF aus den Ergebnissen der Studie der Wissenschafter der TU Graz. Wir werden jedenfalls nachfragen und lästig bleiben.
Link zum Studiendesign: ImpAQS (Improving Air Quality in Schools). Langzeitstudie zu CO2-Konzentration in österreichischen Schulklassen.
[…] werden. Sonst müssen wir als Lehrergewerkschaft über monatliche Gefahrenzulage nachdenken, denn die Innenraumluft ist nirgendwo sonst so schlecht wie in Schulklassen. Das wissen wir jetzt […]